Dresden – Der HC Elbflorenz gewinnt das Heimspiel gegen den TV Großwallstadt nach einer bärenstarken zweiten Halbzeit mit 31:26 (11:15) und klettert in der Tabelle. Bester Werfer der Dresdner war Nils Kretschmer mit sieben Treffern.
.Stellen sie sich vor, sie stehen in Neu-Delhi in einem Kaffee und die anwesenden Einheimischen spielen ein Brettspiel, welches sie nicht verstehen und sie verstehen auch nicht, was sie dazu sprechen. Sie sehen nur, dass man dazu ein spezielles Brett braucht sowie Spielsteine und vielleicht verstehen sie nach 30 Minuten ein paar Basics des Spieles. So ähnlich müssen sich die Zuschauer in der BallsportARENA oder auch im Livestream gefühlt haben, denn grundsätzlich verstand sicherlich jeder, dass es ein Hallensportspiel war was man Handball nennt und auch noch ein paar Grundregeln, aber nicht wirklich, was beide Teams 60 Minuten lang zeigten. Es gibt überhaupt kaum zwei Mannschaften in der 2. Liga die derzeit schwerer zu verstehen sind, wie der HC Elbflorenz und der TV Großwallstadt und genauso war das Spiel dann auch, nämlich irgendwie schwer zu durchschauen. Man wollte aus HC-Sicht nach der 1. Halbzeit gehen und nach der 2. Halbzeit noch ewig bleiben. HC-Trainer Christian Pöhler nannte es im Nachhinein eine „Achterbahnfahrt“.
Der Dresdner Trainer Christian Pöhler sagte nach dem Spiel halb im Ernst: „Für uns war das ja fast schon eine ganz normale 1. Halbzeit. “Was er damit meinte: Der HC sammelte im 1. Spielabschnitt Fehlwürfe wie andere Pilze. Nicht erst seit dem Dormagen-Spiel muss man sagen, es wird fast zu einer Art Leidenschaft, welche Leiden schafft. „Es ist natürlich für mich draußen schwierig, die 1. Halbzeit so laufen zu sehen. Da mache ich keinen Hehl draus“, so Christian Pöhler nach der Partie. Nach 30 Minuten Spielzeit hatte der HC eine Abschlussquote von nur 38 Prozent, was natürlich auch am starken Jan Steffen Redwitz im TVG-Tor lag, aber auch viel an den Sachsen selbst. Zu Beginn der 1. Halbzeit hätte man es fast schon ahnen können, als die Dresdner innerhalb von 4 Minuten einen freien Ball vom Kreis sowie zwei Siebenmeter nicht im Tor des Gegners unterbrachten. Zwar hatten die Dresdner Fans nach 10 Minuten beim 4:2 durch Gabor Pulay etwas Hoffnung, dass es eine andere 1. Halbzeit geben könnte, diese Hoffnung ging aber nach eine 5:0-Lauf der Gäste. Diese hatten dann auch die restlichen knapp 15 Minuten weitestgehend im Griff. Beim Stand vom 6:11 ca. 10 Minuten vor dem Pausenpfiff führte der TVG erstmals sogar mit 5 Treffern. Entweder nutzten die Unterfranken die zahlreichen Fehler des HC für schnelle Tore oder waren oft über den sehr starken TVG-Kreisläufer Dino Corak erfolgreich. Die Hausherren konnten sich erst ab der 25. Minute wieder etwas besser justieren und zumindest sicherstellen, dass der TVG nicht noch weiter davonzog. Wenn nicht alle der 1644 Zuschauer nach so einer Halbzeit wiedergekommen wären, man hätte es ihnen nicht verübeln können. Der HC wirkte im Angriff fahrig und ideenlos sowie im Abschluss unkonzentriert. Auch die sonst so gewohnt gute Abwehr fand nur schwer Zugriff. Einziger wirklicher Lichtblick im HC-Angriff war Sebastian Greß.
Christian Pöhler sagte über die 2. Halbzeit nach dem Spiel: „Das war wahrscheinlich die beste Halbzeit die wir je in Dresden gespielt haben.“ Lichtblick-technisch wurde es auf Seiten der Dresdner im 2. Spielabschnitt immer „heller“. Da war einmal Torhüter Hendrik Halfmann, der 10 Paraden in der 2. Halbzeit zum Erfolg beisteuerte und teilweise auch freie Bälle des Gegners zunichtemachte. Und als er irgendwann wieder seine Arme zur „Predigt“ ausstreckte, da wussten die „Dresdner-Handballgläubigen“, der „Handballpapst“ wird es heute mit richten. Da war außerdem der teilweise wie im Rausch spielende Nils Kretschmer, der vor allem ab der 45 Minute dem HC-Spiel seinen Stempel aufdrückte. Oder auch der wie aus der Versenkung kommende Nils Gugisch, der in seinen 18 Minuten Einsatzzeit zwischen der 42. und 60. Minute auf Rechtaußen 4 Treffer zum Erfolg beitrug. Innerhalb von nur 5 Minuten hatte der HC durch einen Kontertreffer von Tim-Philip Jurgeleit zum 17:17 das Spiel egalisiert. Der HC drückte dabei fast die gesamte 2. Halbzeit mächtig aufs Tempo und dem TVG ging zunehmend die Puste aus. Zwar erholte sich der Gast kurzzeitig und führte in der 42. Minute noch einmal 18:21, aber auch diesen Vorsprung konnte der HC wettmachen und das fast innerhalb einer Minute durch zwei Kontertore von Nils Guigisch sowie ein Treffer aus der 2. Welle heraus von Norman Flödl. Als Nils Kretschmer dann etwas später erst zum 23:23 und dann per sehenswertem Schlagwurf zum 24:23 traf, war der TVG irgendwie geknackt. Die Gäste erholten sich vom erneuten Gastgeber-Comeback nicht mehr. Als Nils Kretschmer per Doppelbeinabsprung und angezeigtem Zeitspiel in der 54. Minute zum 27:23 traf, war das Spiel entschieden. Die restliche Zeit spielten die Dresdner clever herunter und das auch teilweise in Überzahl, da TVG-Aufbauspieler Lars Spieß in der 56. Minute Rot erhielt. Am Ende stand ein 31:26 auf der Anzeigetafel. Damit hatte der HC die 2. Halbzeit mit 9 Plustoren für sich entschieden.
Fazit: Die Dresdner Fans sahen zwei komplett verschiedene Halbzeiten ihres Teams. HC-Trainer Christian Pöhler fasste es prägnant zusammen: „1. Halbzeit war zum ärgern, 2. Halbzeit zum freuen.“ Dass die Sachsen den TVG noch so klar in die Schranken weisen, war nach der 1. Spielhälfte nicht abzusehen. Vor allem die Tempoverschärfung in der 2. Halbzeit konnte der TVG nicht mehr mitgehen. Die Gastgeber wussten natürlich, dass die Unterfranken in der 2. Halbzeit oft Probleme haben ihre Leistung konstant zu halten. Dabei muss man den Gästen ganz klar zugestehen, dass sie teilweise richtig guten Handball gespielt haben. Die Dresdner selbst zogen insgesamt die richtigen Lehren aus den vorhergehenden Heimspielen. Damit hat der HC den positiven Trend der letzten Wochen fortgesetzt und pirscht sich Stück für Stück an die Nichtabstiegsplätze heran.
Es siegten: Halfmann/Huhnstock, Pulay 1, Jurgeleit 3, Emanuel 2, Dierberg 2, Gugisch 4, Buschmann, De Santis 1, Flödl 2, Kretschmer 7, Hoffmann, Greß 4, Becvar 2, Quade 2, Pechstein 1
Mannschaftskapitän Arseniy Buschmann blickte so auf die Partie zurück: „Ich glaube wir machen uns in der 1. Halbzeit im Angriff selber das Leben schwer. Wir machen die klaren Dinger nicht rein und lassen uns sofort verunsichern. Dadurch kommt der TVG auch zu einfachen Tor, z.B. über den Gegenstoß. In der 2. Halbzeit hatten wir fast keine Fehlwürfe mehr und wir haben das Tempo erhöht. Außerdem hat hinter Hendrik Halfmann gefühlt alles gehalten. Es ist eigentlich vor allem bei Heimspielen immer das Ziel das Tempo 60 Minuten hochzuhalten. Leider klappt das nicht immer, aber man hat heute auch gesehen, sobald wir es geschafft haben, waren wir klar in der Überhand.“
Text: Wolfram Wegehaupt