Leipzig - Aggressive Stimmung in Leipzig! Unser Sachsen Fernsehen-Reporter berichtet von Flaschen- und Böllerwürfen. Und das, obwohl die verurteilte mutmaßliche Linksextremistin Lina E. am Mittwochabend überraschend Haftverschonung kassiert.
Im Lene-Voigt-Park versammelten sich am Mittwochabend hunderte Linke, darunter nach Reporterinformationen auch Vermummte. Die Polizei forderte die Teilnehmer über Lautsprecherdurchsagen auf, die Vermummung abzulegen. Die Stimmung ist angespannt. Immer wieder fliegen Feuerwerkskörper, aber auch Flaschen auf Polizisten. Die Beamten haben inzwischen Helme und Schutzkleidung angezogen, die Demonstration wurde vom Veranstalter offiziell für beendet erklärt.
In Dresden hingegen verlief die Demonstration friedlich - etwa 300 Teilnehmer zogen am Abend durch die Neu- und Altstadt. Ein Großaufgebot an Polizisten begleitete den Demozug.
Das Oberlandesgericht Dresden hat die mutmaßliche Linksextremistin Lina E. wegen mehrerer Angriffe auf Rechtsextreme zu fünf Jahren und drei Monaten Gefängnis verurteilt. Trotzdem kommt die 28 Jahre alte Studentin nach zweieinhalb Jahren in Untersuchungshaft vorerst frei: Der Haftbefehl wurde unter Auflagen außer Vollzug gesetzt. Die Reststrafe muss sie erst verbüßen, falls das Urteil rechtskräftig ist - das Gericht ließ Revision zu.
Die Unterstützer von Lina E. brachen in Jubel aus, als der Vorsitzende Richter Hans Schlüter-Staats am Mittwochabend die Aussetzung des Haftbefehls verkündete. Bei der Verkündung des Strafmaßes am Vormittag war die Stimmung noch ganz anders: Sie skandierten Sprechchöre, erklärten den Vorsitzenden Richter zum «Fascho»-Freund und geißelten die «Scheiß-Klassenjustiz». Die mehr als neun Stunden dauernde Urteilsverkündung wurde wegen kleiner Tumulte mehrfach unterbrochen.
Gegen die drei Mitbeschuldigten von Lina E. verhängte die Staatsschutzkammer Freiheitsstrafen zwischen zwei Jahren fünf Monaten und drei Jahren drei Monaten. Nach Ansicht der Kammer sind Lina E. und ein gleichaltriger Mann der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung schuldig; ein 37-Jähriger und ein weiterer 28-Jähriger wegen deren Unterstützung. E. und zwei der Männer mussten sich zudem wegen gefährlicher Körperverletzung verantworten, der andere wegen einer Beihilfe dazu.
Die Verteidigung von Lina E. kündigte Revision an, das Strafmaß sei viel zu hoch, sagte Verteidiger Ulrich von Klinggräff. «Die Haftverschonung war längst überfällig.»
Nach dem Urteil waren zunächst Ausschreitungen befürchtet worden. Unklar war am Abend, ob die Aufhebung des Haftbefehls zu einer Entspannung der Lage beiträgt. Parallel zur Urteilsverkündung zogen am Mittwochabend einige Hundert Demonstranten durch Dresden, auch in Berlin und Hamburg gab es Solidaritätsdemos. (mit dpa)