Dresden - Die Teenie-Partys im Rathaus für frisch 18 gewordene Jugendliche sorgen für Diskussionen, insbesondere hinsichtlich der Auftragsvergabe. Im Interview mit Sachsen Fernsehen und dem MDR bezieht Dresdens Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) Stellung zu den Vorwürfen und kontrovers diskutierten Entscheidungen im Zusammenhang mit den Veranstaltungen. Hier das Video-Interview in voller Länge:
Die Gesamtausgaben für die Jahre 2018, 2019 und 2022 belaufen sich auf deutlich über 400.000 €, wobei allein das "Künstlerpaket", also DJs, im Jahr 2022 mit rund 60.000 € zu Buche schlug.
Sachsen Fernsehen-Reporter Benedict Bartsch fragte, ob diese enormen Summen gerechtfertigt seien und ob es sich hierbei um eine überteuerte Party handle. Hilbert verteidigte im Interview vehement die Ausgaben und betonte die positive Resonanz von Hunderten begeisterten jungen Teilnehmern.
Eine weitere Frage bezog sich auf die Verbindung zwischen Oberbürgermeister Dirk Hilbert und Stadtfest-Macher Frank Schröder. Schröder war nicht nur Hilberts Wahlkampfmanager, sondern auch der einzige Bewerber für die Organisation der Rathaus-Partys (2018, 2019 und 2022).
Üblicherweise wird bei solchen Mega-Summen (im Jahr 2022 etwa 190.000 Euro für einen Abend) öffentlich ausgeschrieben - in diesen Fällen wurden die Aufträge allerdings "freihändig vergeben". Dabei wurden von der Stadtverwaltung fünf Unternehmen angeschrieben, von denen allerdings nur Schröders Eventagentur (in einer Bietergemeinschaft mit der Konzertagentur Aust) ein Angebot abgab. Die restlichen Agenturen wollten nicht - gaben kein Angebot ab. Die Stadtverwaltung rechtfertigt das Vergabeverfahren mit der Ausschreibung einer kreativen Leistung, die damals nicht exakt beschrieben werden konnte.
Brisantes Detail: Im Jahr 2019 wurden genau dieselben Event-Agenturen wie bereits im Jahr davor angeschrieben und um eine Angebotsübersendung gebeten. Wieder gab es nur ein Angebot. War ein echter Wettbewerb überhaupt gewollt?
Die Hintergründe dieser Ausschreibung und die Verbindung zu Frank Schröder wurden von Sachsen Fernsehen und dem MDR im Video-Interview kritisch hinterfragt. Der Vorwurf einer möglicher Vermischung von privaten Interessen und öffentlichen Geldern steht im Raum. Das Dresdner Stadtoberhaupt widerspricht diesem Vorwurf vehement.
Auch auf den Fluren des Rathauses wird das Thema inzwischen heiß diskutiert. Hier die Meinungen der einzelnen Stadtrats-Fraktionen zusammengefasst:
Agnes Scharnetzky & Christiane Filius-Jehne von der Grünen-Fraktion:
"Die Idee, junge Menschen einzuladen, das Rathaus als tragenden Ort politischer Entscheidungen kennenzulernen und zu ihm als Teil der Stadtgemeinschaft eine Bindung aufzubauen, finden wir lobenswert. Wir wissen auch das enorme Engagement der Mitarbeitenden aus der Stadt zu schätzen, die Organisation solcher Veranstaltungen ist umfangreich und anspruchsvoll. Wenn nun in der Öffentlichkeit Fragen offen sind, bezüglich der Vergabeverfahren, müssen wir als Kontrollorgan der Verwaltung und des Oberbürgermeisters tätig werden und haben deshalb als Fraktion einen Antrag eingereicht, der das Rechnungsprüfungsamt beauftragt, den Vorgang zu prüfen. Es ist unsere Pflicht, für Klarheit und Verantwortung zu sorgen, auch um Schaden für die Glaubwürdigkeit der Verwaltung und des Amtes des Oberbürgermeisters abzuwenden."
Heike Ahnert von der CDU-Fraktion:
"Es ist das Recht des Stadtrats das Rechnungsprüfungsamt mit der Kontrolle einzelner Vorgänge zu beauftragen. Auch wenn wir nach den derzeit vorliegenden Informationen nicht davon ausgehen, dass eine solche Prüfung neue gravierende Erkenntnisse bringt, werden wir einen entsprechenden Antrag anderer Fraktionen natürlich mittragen. Größtmögliche Transparenz sollte im Interesse aller Beteiligten liegen."
Robert Malorny von der FDP-Fraktion:
"Die 18er-Partys im Rathaus sind eine gute Möglichkeit, junge Erwachsene einmal auf anderen Wege mit Politikern, Ehrenämtlern und dem Rathaus in Verbindung zu bringen. Anhand der uns vorliegenden Informationen können wir keine Unregelmäßigkeit bei den Vergaben an die Ausrichter erkennen. Der Zeitpunkt der Anträge von Grünen und Linken zeugt eher von Populismus und davon, dass die Kommunalwahl im kommenden Jahr ihre Schatten vorauswirft."
Jens Genschmar von den Freien Wählern:
"Wir befürworten natürlich eine Prüfung. (...) Gestern erhielten wir seitens des Oberbürgermeisters umfangreiche Informationen zu diesem Vorgang. Diese werden wir nun sichten und bewerten. Über Konsequenzen sprechen wir dann, wenn ein Ergebnis der Prüfung vorliegt."
Magnus Hecht von der SPD-Fraktion:
"Selbstverständlich unterstützt die SPD-Fraktion jederzeit eine transparente Kontrolle der Arbeit der Stadtverwaltung. Das ist nebenbei auch eine originäre Aufgabe der gewählten Vertreter:innen. (...) Vor allem sollte es aber originäres Interesse des Oberbürgermeisters und der Stadtverwaltung selbst sein, Vorwürfe transparent überprüfen zu lassen und auszuräumen."
André Schollbach von den Linken:
"Die Vergabe städtischer Aufträge im Umfang von 415.781,86 Euro an die Eventagentur von Hilberts Kumpel und Wahlkampfmanager Schröder erfolgte freihändig und ohne vorherige öffentliche Ausschreibung. Deshalb hat DIE LINKE reagiert und einen Antrag zur „Überprüfung der Partyveranstaltungen des Oberbürgermeisters durch das Rechnungsprüfungsamt“ gestellt. Die Fraktion beantragt, dass der Stadtrat das Rechnungsprüfungsamt gemäß § 106 Abs. 2 SächsGemO mit der Prüfung der Organisation und Wirtschaftlichkeit der Verwaltung bei der Vergabe von Aufträgen, der Vorbereitung und der Durchführung der Partyveranstaltungen des Oberbürgermeisters beauftragt."
Max Aschenbach von der Dissidenten-Fraktion:
"Da kann ruhig mal jemand gucken, ob sie in ihrer Gier geschludert haben, die kleinen Raffkes. Wenn der Dick Hilbert Wahlverein zu doof ist, die überschaubaren Formalien einer Wahl zu erfüllen, ist er vielleicht auch zu blöd sich legal dafür auszahlen zu lassen. Kann man ja mal rausfinden."
Die AfD-Fraktion antwortete bis zum Redaktionsschluss nicht auf eine Anfrage von Sachsen Fernsehen.