Großröhrsdorf - In den frühen Morgenstunden des 4. August 2023 erschütterte ein verheerender Brand die kleine Stadt Großröhrsdorf. Was folgte, war ein beispielloser Ausdruck von Solidarität und Hoffnung.
Mit einem lauten Knall wurde das Städtchen Großröhrsdorf aus dem Schlaf gerissen. Die evangelische Kirche brannte in der Nacht zum 4. August vollständig aus. Pfarrer Stefan Schwarzenberg erinnert sich lebhaft an den schrecklichen Moment:
„Ich wurde durch das Klingeln der Wohnungstür und des Telefons aus dem Schlaf gerissen. Meine Frau beobachtete einen Feuerschein in Richtung der Kirche. Ein Nachbar sagte, Herr Schwarzenberg, Sie müssen jetzt ganz stark sein, Ihre Kirche brennt.“
Am nächsten Tag wurde das volle Ausmaß der Zerstörung sichtbar. Die Spitze des Kirchturms fehlte, der Glockenturm war verkohlt, und das Kirchenschiff ausgebrannt.
„Es gehört zu den schrecklichsten und bittersten Erfahrungen. Wir haben gebetet, uns in die Arme genommen und geweint.“
schildert Pfarrer Schwarzenberger die ersten Reaktionen.
Trotz der hoffnungslosen Situation kam schnell ein erster Hoffnungsschimmer – in Form von Solidarität.
„Ich habe eine Welle von Anteilnahme erlebt. Obwohl ich schon 18 Jahre hier als Pfarrer arbeite, war ich überrascht von der hohen Anzahl an Menschen aus verschiedenen Berufen und Schichten, die kamen, um zu trösten oder zu spenden. Es dauerte nicht lange, bis die ersten Benefizveranstaltungen von Bürgern und Institutionen organisiert wurden. Das hat mein Herz erwärmt.“
In einem Seitenraum der Kirche wurde nach dem Brand ein unversehrter Altar entdeckt.
„Dieser Altar ist vielen Gemeindemitgliedern bekannt. Wir nutzten ihn während der Renovierungsarbeiten und bei Open-Air-Veranstaltungen. Nun ist dieser Altar die Brücke von der alten, vernichteten Kirche zur neu zu bauenden Kirche. Das zeigt, dass wir eine fast 300-jährige Geschichte haben und dass wir diesen kleinen Bereich retten konnten. Das erfüllt uns mit großer Dankbarkeit.“
Nach einer Woche intensiver Ermittlungen wurde Brandstiftung als Ursache festgestellt. Ein Mann gestand die Tat und wurde im Februar 2024 zu neun Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Pfarrer Schwarzenberg dazu:
„Hier haben Menschen ein Stück wesentliche Identität und Heimat verloren. In der Kirche wird getauft, geheiratet und konfirmiert. Weihnachten feiern wir dort gemeinsam. Dass jemand eine Kirche abbrennt, hat uns fassungslos gemacht. [...] Den einzigen Berührungspunkt, den ich mit dem Brandstifter hatte, war, dass ich vor vielen Jahren eines seiner Kinder getauft habe.“
Bereits Ende August 2023 stand fest, dass die Gemeinde an derselben Stelle ein neues Gotteshaus errichten würde. Heute ist die Ruine von Schutt und Trümmern befreit, mit Notdächern versehen, und der steinerne Fußboden aus dem 18. Jahrhundert ist gesichert. Derzeit läuft eine Umfrage, innerhalb derer jeder Wünsche und Bedenken äußern kann.
„Der nächste Schritt ist dann, dass wir einen Raumplan haben möchten. Die Kirche soll für das 21. Jahrhundert gebaut werden, barrierefrei sein und Bereiche für Kinder, Jugendliche sowie eine Cafeteria umfassen. Da ist noch nichts entschieden, denn das ist die Aufgabe des Kirchenvorstandes, wenn die Umfrage ausgewertet wird“
beschreibt Pfarrer Schwarzenberger die zukünftigen Pläne. Die Anteilnahme und Solidarität der Menschen halten an: Bis zum 26. Juli 2024 sind bereits 511.800 Euro an Spenden eingegangen. Es gäbe insgesamt viel positive Stimmung, meint Pfarrer Schwarzenberg abschließend.