In einer alarmierenden Diagnose der aktuellen Lage der Freien Demokratischen Partei (FDP) im Osten Deutschlands kritisierte der ehemalige sächsische Parteichef Holger Zastrow die Führung der Bundespartei. Zastrow, der 1999 die Liberalen aus einer tiefen Krise führte und Anfang dieses Jahres aus Frust über den Kurs der Ampel-Koalition aus der Partei austrat, sieht die FDP am "Abgrund".
Bei den jüngsten Landtagswahlen in Sachsen erhielt die FDP nur 0,9 Prozent der Stimmen, ein historisch schlechtes Ergebnis, das sogar hinter kleinere Parteien wie die Tierschutzpartei zurückfiel. In Thüringen sah das Bild mit nur 1,1 Prozent ähnlich trostlos aus. "Es ist zu befürchten, dass es mit der FDP im Osten zu Ende geht", erklärte Zastrow in einem Interview mit der Deutschen Presse-Agentur.
Die Probleme der FDP sind nach Zastrows Ansicht vielschichtig. Er beschreibt einen schwindenden Einfluss auf kommunaler Ebene und eine wachsende Entfremdung zwischen der Bundesführung und den Basismitgliedern. "Selbst junge Leute wenden sich von der FDP ab", so Zastrow, der die aktuellen Herausforderungen der Partei in den Kontext einer umfassenden Daseinskrise der etablierten Parteien stellt.
Zastrow sieht die Schuld vor allem bei der Bundesführung und kritisiert insbesondere den Vorsitzenden Christian Lindner für seine zentralisierte Führung und mangelnde Nähe zu den regionalen und kommunalen Strukturen. "Christian Lindner hat die Partei stark zentralisiert. Es gibt keinen Respekt mehr vor den Leuten, die die Arbeit vor Ort machen", so Zastrow. Er beschreibt eine Partei, die von strategischen Planungen dominiert wird, jedoch den Bezug zur Lebenswirklichkeit der Menschen verliert.
Die FDP, so Zastrow weiter, hat es versäumt, sich nach dem Ausscheiden aus dem Bundestag 2013 neu zu orientieren und Antworten auf die sich verändernden politischen und gesellschaftlichen Bedingungen zu finden.
"Das Herz der Partei schlägt immer noch vor Ort. Das ist Berlin komplett abhandengekommen."
Zastrow warnt vor einem weiteren Niedergang der FDP im Osten und betont, dass die Probleme nicht allein der Bundespolitik anzulasten sind, sondern auch das eigene Wirken vor Ort kritisch betrachtet werden muss. Der ehemalige Parteichef sieht für die FDP eine düstere Zukunft, sollte sie nicht grundlegend ihren Kurs ändern und sich stärker auf die Belange und Probleme an der Basis konzentrieren. (mit dpa)