Industrie 4.0 ist als Begriff in aller Munde. Den wenigsten allerdings ist klar, was damit eigentlich gemeint ist.
Die Arbeitswelt ist stets im Wandel und sie wird aufgrund fortschreitender technischer Möglichkeiten und Ziele vermutlich niemals stillstehen. Gerade auch zurzeit verändert sich die industrielle Produktion aufgrund der Vernetzung durch das Internet und den aufkommenden Entwicklungen im Bereich der immer schneller intelligenter werdenden Maschinen und Roboter ganz extrem. Aus diesem Grund wurde der Begriff Industrie 4.0 eingeführt.
Dieser geht einerseits auf die Forschungsunion der deutschen Bundesregierung und ein gleichnamiges Projekt in der Hightech-Strategie der Bundesregierung zurück. Andererseits bezeichnet er auch eine Forschungsplattform, die Plattform Industrie 4.0, ein Gemeinschaftsprojekt der deutschen Wirtschaftsverbände BITKOM, VDMA und ZVEI, welches das Zukunftsprojekt Industrie 4.0 der Hightech-Strategie der Bundesregierung weiterentwickeln und umsetzen soll.
Allgemein gibt es für "Industrie 4.0" keine wirklich einheitliche Definition. Der Arbeitskreis Industrie 4.0 (ein Zusammenschluss aus fast 60 Unternehmen unterschiedlicher Branchen) definiert sie als "eine Vernetzung von autonomen, sich situativ selbst steuernden, sich selbst konfigurierenden, wissensbasierten, sensorgestützten und räumlich verteilten Produktionsressourcen (Produktionsmaschinen, Roboter, Förder- und Lagersysteme, Betriebsmittel) inklusive deren Planungs- und Steuerungssysteme". Ganz generell versteht man unter Industrie 4.0 aber zunächst einmal, dass eine vierte industrielle Revolution eingeleitet wird:
Der Begriff Industrie 4.0 wird zwar immer wieder kritisiert, weil er, im Gegensatz zu den vorherigen industriellen Revolutionen eine weitere industrielle Revolution ausruft, noch bevor sie in vollem Ausmaß stattgefunden hat. Dennoch kann festgehalten werden, dass diverse zeitgenössische Entwicklungen hinsichtlich der Neuerungen der dritten industriellen Revolution zumindest einen Schritt weitergehen. Die Zeit ab 1969 stand im Zeichen der privaten Kommunikation mittels E-Mail und Handy, in den letzten Jahren schließlich aber auch auf unternehmerischer Ebene mittels sozialer Netzwerke und diverser weiterer Kommunikationsplattformen. In der Industrie 4.0 schließlich geht es aber nicht nur noch um die Kommunikation innerhalb eines Unternehmens, sondern um die Abstimmung sämtlicher Arbeitsabläufe aufeinander und um die Optimierung von Prozessen um Zeit und Kosten einsparen zu können. Das ist nur möglich, wenn Menschen, Maschinen, Produkte und Logistik optimal miteinander vernetzt sind.
Einer der Schwerpunkte der neuen industriellen Revolution ist die Kundennähe in mehrfacher Hinsicht. Dafür spielen soziale Netzwerke und Kommunikationsplattformen immer noch eine entscheidende Rolle. So können durch sie einerseits Produkte individualisiert und andererseits an die Bedürfnisse der Konsumenten angepasst werden. Dies funktioniert natürlich nur, wenn genügend Daten über die Konsumenten vorliegen.
Hier kommen unter anderem sogenannte Smart Products ins Spiel. Jedes dieser Produkte kann nicht nur Daten des Benutzers sammeln und an die entsprechenden Entwickler weiterleiten. Es führt beispielsweise auch mit Hilfe von winzigen RFID-Chips Daten über Produktzustände und Betriebszustände für sein eigenes virtuelles Abbild mit sich. Während der gesamten Lebensdauer des Produktes werden diese Informationen, je nach Einsatzzweck, gesammelt, aktualisiert und ausgewertet. So weiß bereits der Rohling eines Produktes wer sein Auftraggeber ist und hat Auftragsdaten gespeichert, kennt seinen aktuellen Zustand und die Produktionsschritte, die ihm noch fehlen, um ein vollständiges Produkt zu werden. Somit ist er zum Beispiel in der Lage den Maschinen selbstständig zu kommunizieren, in welche Form und Farbe er gebracht werden muss. Kunden haben damit die Möglichkeit, das Produkt viel individueller als vorher mitzugestalten und dabei dennoch nicht mit höheren Kosten rechnen zu müssen.
Doch Industrie 4.0 ist mit der Produktion innerhalb der Fabriken nicht beendet. Intelligente Produkte (Smart Products) steuern nämlich nicht nur aktiv ihren eigenen Herstellungsprozess, sie sind, nach der Auslieferung an die Kunden, auch Plattformen für neue Geschäftsmodelle. So werden in Zukunft unzählig viele intelligente Produkte während ihrer Nutzungsdauer mit dem Internet verbunden sein und dabei riesige Datenmengen (Big Data) über den eigenen Betriebszustand in Datenclouds abspeichern. Dadurch können Produkte nicht nur optimiert werden, lernende Algorithmen verknüpfen die gelieferten Daten gar zu neuen Informationen, Smart Data genannt. Neben dem physischen Produkt bieten sie dem Kunden die Grundlage, individuelle datenbasierte Dienstleistungen zu erhalten – sogenannte Smart Services.
In der Industrie 4.0 sollen IT-Technologien, mit Produktionstechnologien verschmelzen, um neue und innovative Leistungen und Produkte zu ermöglichen. Dadurch entstehen zahlreiche neue Herausforderungen, wie die Entwicklung technischer Standards und Normen, mit denen eine Kommunikation zwischen Mensch und Maschine ermöglicht wird. Außerdem erhalten die beiden Themen Datensicherheit und Eigentum an Daten immer höhere Priorität: manche Autoren und Wissenschaftler bezeichnen Daten gar als den wichtigsten neuen "Rohstoff".
Fünf der wichtigsten Berufe mit aussichtsreicher Zukunft hinsichtlich Industrie 4.0 finden sich im Folgenden.
Der zurzeit wohl gefragteste und wichtigste Job der IT-Branche ist der des Data Scientists, der sich der Auswertung der täglich entstehenden gigantischen Datenmengen widmet. Nicht nur die IT-Konzerne des Silicon Valleys in den USA, sondern auch zahlreiche andere Konzerne und kleinere Big-Data-Unternehmen weltweit gewinnen tagtäglich enorme Mengen an Daten und müssen diese analysieren. Ziel ist es aus den Millionen von Informationen die richtigen Rückschlüsse für die Kunden aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik zu ziehen. Bereits im Jahr 2012 wurden laut Erhebungen von Internetnutzern täglich knapp 2,6 Millionen Terabyte an Daten produziert – eine Zahl, die von Jahr zu Jahr nur noch steigt.
Nicht alle Daten sind für jeden Auftraggeber gleich interessant. Unternehmen sind an anderen Daten interessiert, als Regierungen. Auch Forscher verfolgen in der Wissenschaft ganz eigene Ziele und sind wiederum an speziellen Daten interessiert, die für Wirtschaft und Politik weniger interessant sein dürften. Daher braucht es Analysten und Experten, international Data Scientists genannt, die die einzelnen relevanten Daten aus dem riesigen Datenpool herausfiltern können. Dass dieser Beruf für die Internetwirtschaft inzwischen von ausgesprochener Bedeutung ist, lässt sich anhand diverser Entwicklungen erkennen:
Datenanalysten, international auch Data Scientists genannt, widmen sich in ihrer täglichen Arbeit den riesigen Datenmengen, die Internetnutzer täglich erzeugen. Sie filtern dabei ganz bestimmte Daten für unterschiedliche Kunden heraus.
-Die Universität Konstanz, die seit dem Wintersemester 2013/14 den Master-Abschluss für "Social and Economic Data Analyses" im Programm hat
-Die Universitäten Darmstadt, Marburg, Stuttgart und München, die den Master "Data Science" anbieten
-Die Leuphana Universität Lüneburg, die den Master Management & Data Science anbietet
-Das Fraunhofer Institut, das im Rahmend es Geschäftsfeldes "Big Data Analysis" ein umfangreiches "Data-Scientist-Training" anbietet.
Mit einer Ausbildung oder einem Studium im Bereich Elektrotechnik ist hinsichtlich des Stichwortes Industrie 4.0 ebenfalls eine Reihe Berufsmöglichkeiten vorhanden. Oft steht der Studiengang unter dem Klischee extrem schwierig oder nur etwas für Nerds und Fachidioten zu sein.
Anspruchsvoll ist das Studium sicher, allerdings ist es ebenso abwechslungsreich und bietet eine Menge Vertiefungsmöglichkeiten und Spezialisierungsangebote. Außerdem werden für Schüler und Auszubildende, genau wie für Techniker, Meisterschüler und Ausbilder auch online auf diversen Wissensplattformen kostenfreie Angebote bereitgestellt, die dabei helfen sollen, sich vielfältiges Fachwissen anzueignen oder jenes weiter zu vertiefen. So werden Auszubildende zusätzlich zum Ausbildungsalltag auch online durch Fachwissen, praxisnahe Lernmodule und viele Tipps bei ihrer Ausbildung unterstützt. Auch Existenzgründer und Nachfolger finden online eine breite Palette an Angeboten, die dabei helfen sollen, die Selbstständigkeit als Elektrotechniker so früh wie möglich erfolgreich umzusetzen
Der Bereich Elektrotechnik ist, wie bereits erwähnt, breit gefächert und es werden unterschiedlichste Studiengänge angeboten. Klassisch ist der Bachelor in Elektrotechnik selbst, wie er beispielsweise an der FH Stralsund mit Schwerpunkt Nachrichtentechnik angeboten wird. Im Master kann dann ebenfalls wiederum Elektrotechnik gewählt werden. Mit einem solchen Abschluss kann zum Beispiel in Unternehmen Fuß gefasst werden, die Steuergeräte und Batteriesysteme für die Automobilbranche herstellen. Jene suchen immer wieder Embedded Softwareentwickler, die, im Gegensatz zu Programmieren von Software für PCs, umfangreiche Elektrotechnikkenntnisse benötigen.
Der Bachelor in Elektrotechnik und Informationstechnik wiederum wird, im Gegensatz zu den Data Science Studiengängen, zahlreich auch in Sachsen angeboten, unter anderem an der Technischen Universität in Dresden, an der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur in Leipzig und an der Hochschule Mittweida. Die Fachrichtung beschäftigt sich als Ingenieur- und Technikwissenschaft mit der Erforschung, Entwicklung, sowie der Produktion elektrischer Bauteile und Komponenten. Außerdem erforscht sie die Entwicklung neuer Herstellungsverfahren. Die Anwendungsfelder sind dabei enorm vielfältig: Luft- und Raumfahrttechnik, Medizintechnik, Maschinenbau oder Automobiltechnik sind nur einige genannte Felder. Studieninteressierte mit hoher Technikaffinität können sich in diesem Studienbereich bestens verwirklichen.
Ähnlich wie auch der Beruf des Elektrotechnikers ist der des Elektronikers für Automatisierungstechnik kein revolutionärer oder neuer Beruf. Dennoch ist er, gerade in Kombination mit der recht jungen Fachrichtung der Robotik oder auch Roboterprogrammierung, in der Industrie 4.0 stark gefragt. Außerdem werden in Zukunft Fabriken und Fertigungsanlagen weiter vernetzt werden – hier sind Automatisierungstechniker gefordert, die unter anderem die Software für die Steuerungstechnik im Anlagenbau erstellen können und müssen. Zu den zukünftigen Aufgaben eines Automatisierungstechnikers wird in Zukunft weiterhin auch die Arbeit mit Sensoren im Gebiet Internet of Things gehören.
Wer Automatisierungstechniker werden will, sollte ein abgeschlossenes Hochschulstudium in Elektrotechnik, Informatik oder Nachrichtentechnik aufweisen. Ebenfalls können Weiterbildungen den Weg in Richtung Automatisierungstechnik ebnen. Zum Standard gehören auf jeden Fall fundierte Kenntnisse in der Programmierung sowie der Inbetriebnahme von SPS- und Visualisierungssystemen.
Häufig sind die Bachelor- oder Masterstudiengänge Automatisierungstechnik und Robotik heute zusammengefasst. Wer sich für beides interessiert, sollte zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen und den kombinierten Studiengang wählen. Denn mit Kenntnissen in der Programmierung von Robotern stehen in Zukunft weitere interessante Türen offen. Roboterprogrammierer gehören nämlich zu der Berufsgruppe, die sich, im Gegensatz zu manch anderen, nicht über die Zunahme an Robotern in Fabriken beklagen, die den Menschen angeblich die Arbeitsplätze wegnehmen. Abgesehen davon, dass die Roboter oftmals gerade dort in Einsatz kommen, wo Menschen durch den Betrieb an Maschinen nicht selten ihre Gesundheit oder gar täglich ihr Leben aufs Spiel setzen, wenn sie nicht aufmerksam arbeiten, schaffen die Roboter eben auch eine Menge Arbeitsplätze.
Die Inbetriebnahme und Reparatur von Industrierobotern erfordern die Kenntnisse von Spezialisten. Sie müssen dabei umfangreiches Wissen in Programmiersprachen haben und sich mit den Betriebssystemen von Robotern auskennen, sowie deren Software schreiben können.
Dass vor allem auch das Studium schon eine Menge Spaß bereiten kann, bewiesen die beiden Studenten Lutz Freitag und Steffen Puhlmann, die sich im Jahr 2015 mit dem Magazin "Unicum Abi" auf ein Gespräch trafen. Zusammen mit zwölf weiteren Kommilitonen hatten sie mehrere Monate in die Programmierung und Konstruktion eines eigenen Roboters gesteckt. Mit der Aussicht auf den Bau einiger weiterer Roboter verfolgten sie das Ziel ein eigenes Roboter-Fußballteam zusammenzustellen. Damit kann schließlich an Robowettkämpfen teilgenommen werden – Events, an denen sich regelmäßig Studenten aus aller Welt beteiligen.
Im Vergleich zur Elektro- und zur Automatisierungstechnik gibt es den anerkannten Ausbildungsberuf des Produktionstechnologen noch nicht sehr lange. Seit 2008 wird er unter anderem von Trumpf, einem schwäbischen Hersteller für Werkzeugmaschinen angeboten. Der Bachelor-Studiengang Produktionstechnik wird in Sachsen immerhin von der Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden angeboten.
Er bildet Fachkräfte für unterschiedlichste Tätigkeitsfelder in diversen technischen Branchen aus. Egal ob Flugzeuge, Kraftfahrzeuge, Maschinen oder medizinische Instrumente – für die deutsche Industrie sind robuste, wirtschaftliche und zuverlässige Produktionsprozesse der entscheidende Faktor im internationalen Wettbewerb. Nur wenn deutsche Unternehmen sich in den drei Kriterien Qualität, Kosten und Lieferzeit beweisen, können sie im internationalen Spannungsfeld bestehen. Daher lernen Studierende im Studium der Produktionstechnik alles von der Planung über die Entwicklung bis hin zur Realisierung erfolgreicher Montage- und Fertigungsprozesse.
Dabei ist die fertigungsgerechte Gestaltung eines Produktes genauso wichtig, wie die Entwicklung, sowie die Verbesserung von Prozesstechnologien. Vor allem auch der Einsatz von Werkzeugen und Methoden digitalisierter und smarter Produktionssysteme spielt in der Industrie 4.0 für Produktionstechnologen eine große Rolle.
Zumindest in einem Punkt sind die deutsche Wirtschaft und die deutsche Politik sich wirklich einig: die Zukunft der Mobilität wird elektrisch sein. Nicht nur große amerikanische Unternehmen, wie Tesla, Apple und Google werden den Markt maßgeblich prägen, auch VW will beispielsweise bis 2025 mehr als 30 Stromfahrzeuge auf den Markt bringen. Immer mehr Fahrzeugmechatroniker, die sich gerade auf den Bereich E-Mobilität spezialisiert haben, werden also zukünftig für die Wartung und Instandhaltung elektrisch betriebener Autos und anderer Fahrzeuge gefragt sein.
Bereits während des entsprechenden Studiums wird in der Regel Wissen aus den Bereichen der elektronischen Steuergeräte, der Software und mechatronischer Komponenten des Elektroantriebes vermittelt. Ziel ist es dabei, den Studenten Kenntnisse darüber zu vermitteln, wie elektronische Fahrzeuge sicherer, sauberere und ökonomischer werden können.
Kooperative Studienmodelle bieten außerdem die Möglichkeit, theoretisch erlerntes Wissen durch praktische Erfahrungen zu ergänzen. So können Studenten die Arbeit in Hybrid-Entwicklungszentren miterleben und begutachten und andere Bereiche der E-Mobilität im Einsatz kennenlernen. Mit der Teilnahme an Projekten können kreative Ideen bereits während der Studienzeit umgesetzt werden, wodurch der Start in einen der zukünftigen Topberufe der Industrie 4.0 erleichtert werden kann.