Fr, 19.04.2024 , 11:46 Uhr

Regierungskritik und die Frage, was Journalismus eigentlich ist

Julian Reichelt in Leipzig: Hitzige Diskussion bei den Medientagen

Leipzig - Die Medientage Mitteldeutschland enden mit einem Knall: Der Auftritt von Ex-"Bild"-Chef Julian Reichelt sorgte für großes Aufsehen. Sachsen Fernsehen fasst die Diskussion zusammen.

Am Donnerstagabend gingen die Medientage Mitteldeutschland zu Ende. Nach zwei Tagen voller Diskussionen über verschiedene Themen, wie beispielsweise Medienethik, dem Einsatz von künstlicher Intelligenz und der zukünftigen Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, sorgte gestern Nachmittag eine Diskussionsrunde für großes Aufsehen.

Unter dem Thema "Mehr als Nische? Journalismus von außen" sollten sogenannte alternative Medien und ihre Rolle neben den klassischen Medien diskutiert werden. Die Diskussionspartner waren Hans Demmel, der ehemalige Geschäftsführer von "n-tv", die österreichische Journalistin Barbara Tóth und Julian Reichelt, der Ex-"Bild"-Chef und Mitbegründer des Onlineportals "Nius", das von einigen Experten als rechtspopulistisch eingestuft wird. Als die Teilnahme von Julian Reichelt öffentlich wurde, sagte Anna Hunger, die Chefredakteurin der Wochenzeitung "Kontext" ab. Laut eigener Aussage wolle sie "keine Sparringspartnerin für einen Typen sein, der in seiner Zeit bei ,Bild“ so viele junge Frauen gedemütigt hat."

Zur Eröffnung der Diskussionsrunde wurde Hungers Absage mit Applaus aus dem Publikum kommentiert. Nach der Vorstellungsrunde wurde die Diskussion schnell hitzig. Hans Demmel, der alternative Medien untersucht und ein Buch darüber geschrieben hat, und Barbara Tóth positionierten sich klar gegen Reichelt und alternative Medien. Ihnen fehlten bei vielen alternativen Portalen Fakten und auch das journalistische Handwerk.

Tóth fragte Reichelt sogar, ob er überhaupt noch Journalismus mache und sagte:

„Sie machen Meinung, aber keinen Journalismus. Das ist Propaganda.“

Reichelt konterte während der Diskussion jegliche Kritik und kritisierte auch den Begriff der "alternativen" Medien im Allgemeinen. Laut Reichelt positioniere sich seine Plattform "Nius" als Kritik an den Mächtigen. In mehreren Redebeiträgen kritisiert er die aktuelle und auch die vergangenen Bundesregierungen.

Julian Reichelt sagte während der Diskussionsrunde:

"Wir müssen weg davon kommen, dass Kritik an der Regierung etwas Radikales ist."

In mehr als 60 Minuten Diskussion waren die Fronten verhärtet und es wurde letztlich kein gemeinsamer Konsens gefunden. Die vorab festgelegten Diskussionsfragen, wieso sich alternative Medien immer mehr etablieren, wurde nicht eindeutig beantwortet. So endeten zwei Tage Medientage Mitteldeutschland mit vielen Einblicken aus unterschiedlichen Meinungsspektren. Auch in den kommenden Tagen werden die Diskussionen wohl noch nachhallen und die Debatten in der Branche weiterhin befeuern.