Dresden - Sachsen kann in diesem und im kommenden Jahr mit etwas besseren Steuereinnahmen rechnen als zunächst angenommen. Das sächsische Finanzministerium bezifferte die Einnahmen am Freitag auf gut 18,4 Milliarden Euro beziehungsweise knapp 19,6 Milliarden Euro. «Gegenüber der Mai-Steuerschätzung zeigen sich die Prognosen damit zwar leicht verbessert, allerdings liegen die Einnahmeerwartungen in Summe weiterhin unter den Planungsgrundlagen für den Doppelhaushalt der Jahre 2023 und 2024», hieß es. Bezogen auf den Haushaltsplan würden 2023 gut 330 Millionen Euro weniger erwartet als ursprünglich eingeplant, für 2024 Mehreinnahmen von knapp 70 Millionen Euro.
«Die wirtschaftliche Lage hat sich in den vergangenen Monaten kontinuierlich eingetrübt. Es ist vor allem die hohe Inflation, die aktuell für etwas höhere Einnahmeerwartungen im Vergleich zur Mai-Steuerschätzung sorgt», erklärte Finanzminister Hartmut Vorjohann (CDU). Da die Steuereinnahmen 2023 gegenüber dem Plan deutlich im Minus lägen, seien auch weiterhin «Bewirtschaftungsmaßnahmen» nicht ausgeschlossen. Den geringfügigen Mehreinnahmen ab 2024 stünden allein schon Tarifforderungen der Gewerkschaften gegenüber, die den Etat jährlich mit rund einer Milliarde Euro belasten würden. Fazit des Ministers: «Die Steuerschätzung eröffnet keine neuen Spielräume.»
Die Einschätzung von Grünen und SPD fiel optimistischer aus. «Es gibt keinen Grund für Schwarzmalerei und Untergangsszenarien, und schon gar nicht für Bewirtschaftungsmaßnahmen. Der Freistaat bleibt finanzstark und handlungsfähig», meint SPD-Fraktionschef Dirk Panter. Das sei in diesen Zeiten auch bitter nötig. «Wir müssen in Krisen Sicherheit geben und klug in die Zukunft investieren.» Die Spielräume seien kleiner als in den vergangenen Jahren. «Aber die Lage ist bei weitem nicht so ernst, wie manche sie darstellen. Die Steuereinnahmen sind so hoch wie nie – und sogar deutlich höher, als wir es vor Corona erwartet haben.»
«Es sieht besser aus, als einige erwartet haben. Das bestätigt, dass der Bund in der Krise, ausgelöst durch Russlands Angriff auf die Ukraine, die richtigen Maßnahmen getroffen hat und wir handlungsfähig bleiben», fand Grünen-Fraktionschefin Franziska Schubert. Sachsens Schuldenbremse sollte in der Lage sein, auf konjunkturelle Entwicklungen angemessen zu reagieren. Sie brauche eine Regelung, die auf Inflation und Konjunkturentwicklung reagieren könne. Auch das zähle zur Minderung von Risiken für den Standort Sachsen.
Auch CDU-Politiker Jan Löffler ging am Rande auf die Debatte um eine Änderung der Schuldenbremse ein. «Ein Indiz dafür, dass die Einnahmerückgänge strukturell bedingt sind, ergibt sich aus den offensichtlichen Gründen: Das sind Änderungen im Steuerrecht und Rückgang der Bevölkerung. Beides hat nichts mit konjunkturellen Schwankungen zu tun. Für uns ist klar, dass sich der Freistaat Standarderhöhungen, neue Personalstellen und weitere Ausgaben nicht mehr leisten kann.» Es gelte, Prioritäten zu setzen.
Die Reform der Schuldenbremse war lange ein heiß diskutiertes Thema - bis die CDU ihr eine Absage erteilte. Sachsen hatte 2020 erstmals seit 2006 wieder Schulden gemacht. Der Landtag ermächtigte die Regierung, zur Bewältigung der Corona-Folgen Kredite von bis zu sechs Milliarden Euro aufzunehmen. Nach den gesetzlichen Vorgaben in der Verfassung müssen sie in nur acht Jahren zurückgezahlt werden. Grüne, SPD und Linke waren dafür, die Rückzahlungsfrist zu erhöhen. Dazu hätte aber die Verfassung per Zwei-Drittel-Mehrheit geändert werden müssen.
Nach Angaben des Finanzministeriums können die Kommunen im Ergebnis der Oktober-Steuerschätzung gleichfalls mit geringen Mehreinnahmen rechnen. Hier werden Einnahmen von 4,5 Milliarden Euro (2023) und 4,7 Milliarden Euro (2024) erwartet. «Gestiegene Zinsen, Konsumzurückhaltung und Unsicherheiten belasten die wirtschaftliche Entwicklung. Die wesentlichen Indikatoren haben sich spürbar eingetrübt, die realen Wachstumsprognosen für das laufende und das kommende Jahr wurden abgesenkt», so Vorjohann.
(dpa)