Mo, 10.10.2022 , 19:09 Uhr

Lichtfest Leipzig: Von Augen, einem Kaleidoskop und Graffiti

Leipzig- Vor einer Woche feierte Deutschland den Tag der Deutschen Einheit. Dieser erinnert an die deutsche Wiedervereinigung vor 32 Jahren. Diese konnte nur durch die Friedliche Revolution in Gang getreten werden. Am 9. Oktober 1989 haben in Leipzig rund 70.000 Menschen ihre Angst vor Repressionen und Geheimpolizei besiegt und gingen im Zuge der Montagsdemonstrationen auf die Straße. Diesem Tag wird in Leipzig jährlich durch das Lichtfest gedacht.

Oberbürgermeister Burkhard Jung am Kerzenpodest - Foto: Stefan Hoyer

Auftakt der Veranstaltung bildete wie jedes Jahr das Friedensgebet in der Nikolaikirche. Bereits seit 1982 fanden dort regelmäßig Gebete von Friedens-, Umwelt-, und Menschenrechtsgruppen statt. Ab September `89 gingen von hier auch die Montagsdemonstrationen aus. So auch am 9. Oktober 1989, wonach sich dann 70.000 Menschen versammelten, um gewaltfrei zu demonstrieren, was den Durchbruch der Friedlichen Revolution darstellt. Auch beim Lichtfest wird jedes Jahr ein Friedensgebet in der Nikolaikirche abgehalten, danach fand die sogenannte "Rede zur Demokratie statt. Dieses Jahr wurde diese von Dr. Irina Scherbakova, einer russischen Historikerin und Menschenrechtsaktivistin gehalten. Dabei wurde von ihr nicht nur Bezug auf die Vergangenheit genommen, auch die Gegenwart und etwaige Parallelen zur Geschichte wurden thematisiert. Auch dem Namen "Lichtfest" wurde wieder einmal alle Ehre gemacht. Natürlich wurden an verschiedenen Stationen Kerzen verteilt, mit denen die Menschen durch die Innenstadt ziehen oder diese an zentralen Punkten gesammelt abstellen konnten.

Von 19 bis 23 Uhr gab es zudem auf dem Burgplatz, dem Augustusplatz und dem Richard-Wagner-Platz Lichtinstallationen verschiedener Künstler zu betrachten, zu erleben und mitzugestalten. So wurde unter anderem die Leipziger Oper mit Projektionen von Leipziger Augenpaaren bestrahlt, die im Vorfeld eingesandt werden konnten, unter dem Titel „wir sehen uns frei“ der Künstler Robert Sochacki und Wera Morawiec aus Breslau, Polen. Auch der Uni Riese leistete seinen Beitrag, so war durch die Raumbeleuchtung über die Fenster die Zahl "89" zu lesen. Auf dem Burgplatz war eine Lichtinstallation von Betty Mü aus Deutschland errichtet, ein Video Lichttunnel mit Spiegeln, der an ein begehbares Kaleidoskop erinnerte. Eine lange Schlange von Menschen wollte sich diese Eindrücke nicht entgehen lassen. 

Foto: Andreas Schmidt

Auf dem Richard-Wagner-Platz gab es ebenfalls immersive Licht-Kunst zu erleben, denn dort konnten die Besucher selbst zu Künstlern des Lichtfestes werden: Bei der Installation „Demokratie braucht Farbe – Sprüh mit!“ von Cart‘1 und Matthieu Tercieux aus Lyon, Frankreich, konnte mittels eines Videospiel-Controllers die zum Goerdelerring zeigende Hauswand via Projektion mit Graffiti besprüht werden. Die Künstler legten zudem über die Licht-Graffitis historische Bilder frei. Das Projekt entstand unter anderem in Workshops mit Kindern, die an der Umsetzung beteiligt waren. Auch hier bildeten die Menschen eine Schlange, um Friedensslogans, "Leipzig" Schriftzüge und Ukraine Solidarität als Licht-Bild umzusetzen.

 

Die Vorbereitungen für das nächste Jahr starten praktisch direkt nach Beendigung des diesjähren Lichtfestes. Spezielle Arbeitsgruppen wählen im Vorfeld die Künstler aus, welche dann über den Sommer in Workshops die konkrete Umsetzung planen. Und dann kann in Leipzig auch am nächsten 9. Oktober wieder im Licht erstrahlen.