Marienberg- Holzschnitzen gegen das Vergessen – im Ortsteil Pobershau in Marienberg kann man das Lebenswerk des einheimischen Bildschnitzers Gottfried Reichel bestaunen. Mit seiner Kunst verarbeitet er seine Erfahrungen und Erlebnisse aus der Zeit des Nationalsozialismus.
1944 meldete sich Gottfried Reichel freiwillig an der Front und kam schließlich als Kriegsgefangener nach England. Dort lernte er die britische Demokratie und das Christentum zu schätzen. Nachdem er vollkommen verändert wieder in seine Heimat zurückgekehrt war, begann er als Lehrer zu arbeiten. Doch schon bald verlor er seinen Job und fiel in ein tiefes Loch der Depression und Arbeitslosigkeit. Dann kam es zu einem wichtigen Wendepunkt in seinem Leben: er begann zu schnitzen. Nach seinem Tod vor vier Jahren hinterließ er seinen Kindern sein Lebenswerk. Sein Sohn Wolfram erzählt uns, was ihm das Schnitzen bedeutet hat.
Lange Zeit blieben seine Werke aufgrund der kontroversen Themen unbeachtet. Erst viele Jahre später, wurden seine Holzfiguren als Kunst anerkannt und öffentlich ausgestellt. Er befasste sich mit der NS-Vergangenheit, der DDR-Gegenwart und verknüpfte diese mit Erzählungen aus der Bibel. In den über 300 Holzfiguren, die in der Galerie „Die Hütte“ ausgestellt sind, werden seine Geschichten lebendig. Unter anderem sind Szenen aus dem Warschauer Ghetto zu sehen, in denen der Schnitzer detailgetreu und eindrucksvoll das Leid der jüdischen Gefangenen wiedergibt. Auch sein Werk „Deportation nach Babylon“ ist Teil der Ausstellung. Dort wird gleichzeitig die biblische Geschichte und der Weg der Juden in die deutschen Konzentrationslager dargestellt.
Wichtig sei Gottfried Reichel nicht nur die Darstellung der Vergangenheit gewesen, sondern auch einen Bezug zur Gegenwart herzustellen. Gottfried Reichel wollte seine Erfahrungen an die nächste Generation weitergeben. Durch seine Kunst will er daran erinnern, sich selbst in schwierigen Zeiten auf christliche und demokratische Werte zu besinnen.