Wegen rechtsextremer Proteste fand der Demonstrationszug zum Christopher Street Day im ostsächsischen Bautzen unter einem großen Polizeiaufgebot statt. Zum CSD-Umzug waren nach Polizeiangaben mehr als 1.000 Menschen nach Bautzen gekommen, deutlich mehr als die Veranstalter zunächst erwartet hatten. Nach ersten Polizeiangaben blieb es aber zunächst weitgehend friedlich. Beobachter sprachen von kleineren Rangeleien bei der Abreise rechter Gegendemonstranten. Diese hatten den Umzug in Rufweite begleitet, die Teilnehmer beleidigt und ausländerfeindliche Parolen skandiert. Die Teilnehmer reagierten gelassen. Ein CSD-Mitorganisator zeigte sich zufrieden mit dem Verlauf und betonte, dass man sich die Veranstaltung nicht kaputtmachen lassen wolle.
Zeitgleich zum zweiten CSD-Umzug in Bautzen war eine Gegendemonstration unter dem Motto „Gegen Gender-Propaganda und Identitätsverwirrung!!!“ angemeldet worden. Auch die rechtsextreme Kleinstpartei Freie Sachsen hatte zu einem Protest aufgerufen. Ersten Angaben zufolge waren etwa 680 Gegendemonstranten nach Bautzen gekommen. „Als der CSD-Zug an den Gegendemonstranten vorbeiging, wurde es zwar laut, es gab aber keine nennenswerten Zwischenfälle“, sagte eine Polizeisprecherin. Nach einer Lagebewertung an den Vortagen war die Polizei mit zahlreichen Einsatzkräften in Bautzen präsent. Neben den Kollegen aus Görlitz und Bautzen seien Beamte der Bundes- und Bereitschaftspolizei im Einsatz gewesen, auch mit Hunden. Zur konkreten Anzahl der eingesetzten Kräfte machte sie keine Angaben. Bereits am Mittag hatte die Bundespolizei ein Aufeinandertreffen beider Gruppen am Dresdner Hauptbahnhof mit einem massiven Einsatz verhindert. Auch am Bautzener Bahnhof wurden die Gegendemonstranten kontrolliert.
In Bautzen hatten tags zuvor die CSD-Veranstalter eine geplante Abschlussparty abgesagt – nach eigenen Angaben aus Sicherheitsgründen. „In der Kürze der Zeit hatten wir nicht die nötigen Ressourcen, um die Party abzusichern und die Menschen zu schützen“, sagte CSD-Mitorganisator Jonas Löschau der Deutschen Presse-Agentur. Nach der Absage habe er unterschiedliches Feedback bekommen. „Es gab einige Menschen, die uns ihre Sorge mitgeteilt haben, gleichzeitig haben sich aber auch viele mit uns solidarisiert. Das war schön zu sehen.“
Die sächsische Justizministerin Katja Meier sagte, es mache sie fassungslos, dass eine Veranstaltung aufgrund der angespannten Sicherheitslage und der starken rechtsextremen Mobilisierung abgesagt werden müsse. „Hass und Hetze gegen queere Personen sind Ausdruck menschenfeindlicher Ideologien, die keinen Platz in unserer Gesellschaft haben“, betonte die Grünen-Politikerin. Jonas Löschau
erklärte im Interview mit Sachsen Fernsehen, dass es mehr Sensibilisierung und mehr derartige Veranstaltungen brauche, gerade weil die Anfeindungen zunehmen.
Der Christopher Street Day findet jedes Jahr in vielen Städten in aller Welt statt und erinnert an Ereignisse am 28. Juni 1969: Polizisten stürmten damals die New Yorker Schwulen- und Lesbenbar „Stonewall Inn“ in der Christopher Street und lösten dadurch mehrtägige Proteste von Schwulen, Lesben und Transsexuellen aus. Der CSD soll an die Rechte queerer Menschen erinnern. (mit dpa)