Di, 14.11.2023 , 15:01 Uhr

Prozessauftakt im Hochsicherheitsgerichtssaal

Moritzburger Ärztin soll etwa 1.000 Corona-Atteste gefälscht haben - heute startet der Mammutprozess

Dresden - Im Hochsicherheitsgerichtssaal des Oberlandesgerichts Dresden wird seit heute einer Moritzburger Ärztin der Prozess gemacht. Sie soll hunderte Corona-Atteste ausgestellt haben, obwohl sie die "Patienten" nie zu Gesicht bekommen hat.

Achteinhalb Monate verbrachte Bianca W. hinter Gittern bevor heute am Hammerweg in Dresden ihr Prozess beginnen konnte. So lange hatte es gedauert, bis die Staatsanwaltschaft die Anklage vorbereitet hatte. Kein Wunder, denn in etwa 1.000 Fällen soll W. falsche Corona-Atteste ausgestellt haben - die mussten von der Staatsanwaltschaft zusammengesammelt werden. Die beiden Staatsanwälte benötigen über anderthalb Stunden, um die Namen und die Form des Attestes bei der Anklageverlesung vorzutragen. Selbst erfahrene Gerichtsreporter kamen da mit dem Zählen nicht mehr hinterher.

Laut Sicht der Staatsanwaltschaft hatte die Ärztin aus Moritzburg sogenannte Corona-Atteste ausgestellt ohne die "Patienten" persönlich gekannt oder noch voruntersucht zu haben. Nach belieben konnten die Kunden ein Attest zur Befreiung der Maskenpflicht bestellen oder attestiert bekommen, dass sie nur an "Spucktests" anstelle von PCR-Tests teilnehmen könnten.

Die Kunden hätten sich dabei nicht einmal an die Ärztin selbst wenden müssen - so die Staatsanwaltschaft. Komplizen aus mehreren Bundesländern - wie etwa eine Heilpraktikerin aus Parchim (Mecklenburg-Vorpommern) - hätten den Kontakt mit "Patienten" übernommen und die erforderlichen Daten in einer Tabelle an die Moritzburgerin übermittelt. Neben den Namen seien persönliche Infos wie Größe und Gewicht für die Attest-Ausstellung nötig gewesen.

Im Gegenzug soll die Beschuldigte pro Attest mindestens 30 Euro kassiert haben - immerhin über 30.000 Euro hätte die Ärztin so mit den falschen Attesten verdient.

 

Dass der Prozessauftakt im Hochsicherheitsgerichtssaal des Oberlandesgerichts Dresden stattfand, hatte Bianca W. wohl ihren Unterstützern zu verdanken. Auf Telegramm hatten Sympathisanten und Querdenker den Prozessbeginn beworben - aus Sicherheitsgründen deshalb die Verlegung auf den Hammerweg. Dennoch folgten etwa 40 Personen den Aufrufen - lauschten dem Prozess von den Zuschauerrängen. Während der anderthalbstündigen Anklageverlesung wurde es häufig unruhig - das Vortragen der einzelnen Atteste wenig abwechslungsreich. Der Saaldienst musste sogar kurzzeitig einen Mann aus dem Zuschauerraum führen, der eine weiße Rose unerlaubt in den Gerichtssaal mitnahm.

Nach einer Mittagspause beendete der Vorsitzende Richter Scheuring den Prozess. Am 29. November soll es weitergehen. Insgesamt sind 40 Prozesstage angesetzt.