Sachsen/Berlin - Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer hat die Ergebnisse der Bund-Länder-Verhandlungen zur Migration als enttäuschend kritisiert.
Viele Punkte seien von der Bundesregierung abgeschwächt worden, sagte der CDU-Politiker am Dienstag in Dresden. Dennoch sei der Beschluss am Ende wichtig als erster Schritt. Kritik übte Sachsens Regierungschef auch am Bundeskanzler: Zwischen dem, was Olaf Scholz der Öffentlichkeit in Migrationsfragen signalisiere, und dem, was dieser jetzt vertreten könne, dazwischen lägen Welten, so Kretschmer. Die Länderchefs und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatten in einer Marathonsitzung bis in den frühen Dienstagmorgen verhandelt. Die hart errungene Einigung sieht eine Systemumstellung bei der Finanzierung der Flüchtlingskosten vor, auch sollen die Leistungen für Asylbewerber gekürzt werden. Die Bundesregierung will zudem prüfen, ob Asylverfahren außerhalb Europas möglich sind. Asylverfahren sollen zudem schneller abgewickelt werden.
Aus Sicht von Sachsen geht das allerdings nicht weit genug: In einer Protokollnotiz im Papier der Ministerpräsidenten forderte der Freistaat zusammen mit Bayern eine grundlegende Wende in der Migrationspolitik.
"Der irreguläre Migrationsdruck muss unverzüglich und umfassend begrenzt werden. Ansonsten drohen die völlige Überforderung der Kommunen und eine Gefährdung der politischen Stabilität des Landes."
heißt es in der Erklärung. Dafür fordern die beiden Bundesländer unter anderem, das Grundrecht auf Asyl in seiner jetzigen Form zu überdenken und weiterzuentwickeln. «Ziel muss es sein, dass an der deutschen Grenze jene wirksam zurückgewiesen werden können, die keinen Anspruch auf Schutz haben», heißt es in der Protokollerklärung der beiden Bundesländer. (dpa)
Die sächsische FDP zeigt sich ihrerseits zufrieden mit den Ergebnissen, beispielsweise aufgrund der Entscheidung zum, auch von Kretschmer geforderten Bezahlkarte statt Bargeld, welches nun kommen soll. Generalsekretär und FDP-Bundestagsabgeordneter Philipp Hartewig erklärt:
„Die Ministerpräsidentenkonferenz ist auf mehreren Ebenen ein Erfolg. [...] Die von Bundesjustizminister Buschmann vorgeschlagene Einschränkung beim Asylbewerberleistungsgesetz sorgt für mehr Ordnung: Das Sachleistungsprinzip in Form der Bezahlkarte kommt. Damit werden Barauszahlungen eingeschränkt und der Verwaltungsaufwand in den Kommunen minimiert. Der Freistaat muss dabei insbesondere nun auch für eine einheitliche Umsetzung innerhalb Sachsens sorgen.“
Die asylpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Juliane Nagel, sagt zu den Bund-Länder-Vereinbarungen für die Migrationspolitik:
„Wir haben kein Flüchtlingsproblem, sondern ein Verteilungsproblem. Seit Jahren werden die Kommunen und die soziale Infrastruktur kaputtgespart. Diese Probleme gäbe es auch ohne Migration und sie müssen umso dringender gelöst werden. [...] Die Beschlüsse zur Finanzierung waren überfällig. Mit einer Pro-Kopf-Pauschale von 7.500 Euro pro Jahr sind die Kosten für Unterbringung, Versorgung und Integration für die Kommunen aber nicht gedeckt. Sachsen muss seine Landespauschale erhöhen. [...] Verheerend sind die Beschlüsse zu sicheren Herkunftsländern, Grenzkontrollen, Grenzverfahren und zur Verschlechterung der sozialen Sicherung für Geflüchtete. Sie bedeuten Entrechtung und sind verfassungsrechtlich zweifelhaft. [...] Wir fordern eine Offensive für soziale Gerechtigkeit anstelle des laufenden Überbietungswettbewerbs in Abschottung und sozialer Härte. Letzteren gewinnt nur die extreme Rechte.“