Am 30. August werden in der Innenstadt wieder Stolpersteine verlegt.
Zu den bereits 176 in Chemnitz vorhandenen kommen dann 19 weitere hinzu.
Seit mehr als 26 Jahren erinnern Stolpersteine in ganz Europa an Menschen, die Gräueltaten von Nationalsozialisten ausgesetzt waren.
Der Auftakt für die Verlegung wird um 9 Uhr an der Agricolastraße 15 stattfinden.
Danach geht es unter anderem an der Weststraße, der Andréstraße und der Beckerstraße weiter.
Der Rabbiner und Historiker Dr. Hugo Fuchs war von 1907 bis 1939 der geistige Führer der Jüdischen Gemeinde in Chemnitz. Am Nachmittag des 9. November 1938 wurde er und weitere namhafte Vertreter der Chemnitzer Judenheit verhaftet. Die SA brachte den Rabbiner und seine Schicksalsgefährten mit einem Lastwagen zum Stephanplatz, wo die Synagoge bereits in Flammen stand. Sie wurden gezwungen, „der Vernichtung ihres Gotteshauses“ zuzusehen. Dr. Hugo Fuchs wurde dabei von den Bütteln der SA schwer misshandelt und anschließend in das Polizeigefängnis auf dem Kaßberg gebracht. Nach der Freilassung wanderte er nach Argentinien aus, wo er nach längerer Krankheit am 6. Oktober 1949 in einem Altersheim in der Nähe von Buenos Aires verstarb.
Betty Oppenheim war mit dem Fabrikanten Hugo Max verheiratet, der bereits am 17. April 1921 in Chemnitz verstorben war. Die Eheleute hatten drei Kinder: Fritz, Wilhelm Alexander und Anni. Anni, die seit 1930 mit dem Wiener Ingenieur Emanuel Mandel verheiratet war, lebte als einzige Angehörige der Familie weiterhin in Deutschland. Die Eheleute hatten zwei Töchter: Inge Elisabeth (geb. 1930) und Stephanie Cäcilie (geb. 1933). Anni Mandel, ihr Ehemann, ihre Töchter und ihre Mutter wurden in den Jahren 1943/44 Opfer des nationalsozialistischen Judenmordes. Ihr Leben endete gewaltsam in den Vernichtungslagern Auschwitz bzw. Sobibor.
Rosa Abel war die Ehefrau des Kaufmanns Hermann Abel. Sie lebten zunächst in Dessau, Ehrenfriedersdorf und Annaberg, wo ihre fünf Kinder geboren worden waren: Max (geb. 1889), Erna (geb. 1890), Ludwig (geb. 1895), Alfred (geb. 1900) und Hannah (geb. 1901). Zu Ostern 1903 zog die Familie nach Chemnitz. 1940 mussten Rosa und Hannah Abel in das „Judenhaus“ Apollostraße 18 ziehen. Hannah Abel wurde am 10. Mai 1942 aus ihrer Notwohnung geholt und vom Innenhof der Staatlichen Akademie für Technik (heute Technische Universität) aus in das Ghetto Belzyce b. Lublin deportiert, wo sie ermordet wurde. Rosa Abel wurde zuletzt in das Jüdische Altersheim am Antonplatz 15 eingewiesen, bevor sie am 21. Juni 1943 in das Ghetto Theresienstadt deportiert wurde. Sie starb dort am 21. April 1944 an Hunger und Krankheit.
Die Eheleute Anna und Herrmann Horn lebten bis 1928 in Köln-Lindenthal, wo auch ihre Kinder Hannelore und Kurt in den Jahren 1924 und 1927 geboren wurden. Danach lebte die Familie eine Zeit lang in Erdmannsdorf. Nach einem halbjährigen Aufenthalt in Holland verlegte Hermann Horn berufsbedingt seinen Wohnsitz nach Chemnitz. Hannelore und Kurt, die ab 1938 die Jüdischen Sonderklassen am Brühl besuchen mussten, konnten im Januar 1939 mit Hilfe der Kindertransporte nach England auswandern. Ihre Eltern blieben in Chemnitz zurück. Sie wurden am 8. September 1942 in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Hermann Horn verstarb dort am 11. Dezember 1944 an Hunger und Krankheit. Seine Witwe wurde mit dem einzigen Freiheitstransport am 5. Februar 1945 von Theresienstadt über Konstanz nach Kreuzlingen (Schweiz) gebracht. Anna Horn reiste von dort nach England, um bei ihrer Tochter zu leben. Sie starb am 26. April 1960 in Manchester.
Werner Daniel Heinrich Hirsch wurde am 7. Dezember 1899 in Deutsch-Wilmersdorf geboren. Von 1926 bis 1928 war Hirsch zunächst Redakteur, dann Chefredakteur der KPD-Zeitung „Der Kämpfer“ in Chemnitz. Die Chemnitzer Druck- und Verlagsanstalt GmbH, die den „Kämpfer“ herausgab, hatte ihren Sitz in dem Haus Schützenstraße 23. Im Jahr 1928 kehrte er nach Berlin zurück. 1932 wurde Hirsch Sekretär von Ernst Thälmann, mit dem zusammen er am 3. März
1933 in Berlin verhaftet wurde. Er wurde in „Schutzhaft“ genommen. Nach der Entlassung aus der NS-Haft im Jahr 1934 wurde Hirsch verdächtigt, bei den Verhören zum Verräter geworden zu sein. Deshalb wurde ihm von der KP-Zentrale befohlen, sich zur Klärung dieser Vorwürfe nach Moskau zu begeben. Wie viele der Komintern-Funktionäre war Hirsch Bewohner des legendären Hotels „Lux“. Dort wurde er nach vorherigem Hausarrest mit absurden Anschuldigungen am 4. November 1936 vom NKWD verhaftet. Am 10. November 1937 wurde er vom Obersten Gericht der UdSSR zu zehn Jahren Lagerhaft verurteilt und auf die berüchtigte Gefängnisinsel Solowezki im Weißen Meer deportiert. Mehrfach trat er dort in den Hungerstreik. Aufgrund seines angegriffenen Gesundheitszustandes wurde er in das Moskauer ButyrkaGefängnis überführt, wo er jedoch am 10. Juni 1941 an den Haftfolgen verstarb, angeblich an Herzversagen.
Bertha Tittmann war die Ehefrau des Handelsmannes Mendel Tittmann. Die Eheleute hatten am 23. August 1905 in Kolomea (Österr.-Polen) den Bund fürs Leben geschlossen. Mit vier Kindern siedelten sie zur Jahreswende 1914/15 nach Chemnitz über. Mendel Tittmann verstarb am 6. März 1919 wenige Tage vor seinem 41. Geburtstag und wurde auf dem Jüdischen Friedhof in Altendorf beigesetzt. Die Witwe lebte bis zu ihrer Ausweisung nach Polen am 28. Oktober 1938 weiterhin in Chemnitz, zuletzt im Haus Annenstraße 23. Ihr ältester Sohn Josef, der mit seiner Familie seit 1935 in Kattowitz lebte, holte sie aus dem Internierungslager Bentschen (poln. Zbaszyn) und nahm sie bei sich auf. Die polnischen Behörden zwangen Bertha Tittmann jedoch, nach Kolomea zu ziehen, wo sie am 18. September 1943 den Tod fand.
Julius Nussberg wurde am 13. Oktober 1907 in Düsseldorf geboren. Er war der älteste Sohn der Kaufmannseheleute Osias und Kreindla Nussberg. 1908 zogen sie nach Chemnitz, wo weitere Kinder zwischen 1909 und 1919 das Licht der Welt erblickten. Die Familie erwarb nach Kriegsende das Haus Zschopauer Straße 55. Im Hintergebäude befand sich seine Strumpffabrik. Er beschäftigte 15 Arbeiter und drei Hilfskräfte im Kontor. Im Sommer 1923 wurde Oskar Nussberg die deutsche Staatsbürgerschaft verliehen. Mitten in der Weltwirtschaftskrise musste er den Offenbarungseid leisten. Unmittelbar nach der Machtergreifung der NSDAP wurde die Einbürgerung der Familie rückgängig gemacht. Über Kindheit und Jugend des Julius Nussberg liegen keine Angaben vor. Im Jahr 1936 wanderte er nach Lettland aus. Wenige Monate später berichtete er in der „Jüdischen Zeitung für Mittelsachsen“, die in Chemnitz erschien, über das Leben in Lettland. Seine Eltern waren im Herbst 1935 nach Palästina emigriert. Oskar Nussberg starb wenige Monate später in Tel Aviv. Er wurde lediglich 54 Jahre alt. Unmittelbar nachdem die baltische Republik im Sommer 1941 von Hitlers Wehrmacht besetzt worden war, begann die Vernichtung der lettischen Juden. Julius Nussberg wurde noch im Jahr 1941 verhaftet und am 16. Januar 1944 im Zentralgefängnis in Riga ermordet.
Klara Wurzel war mit dem Kolonialwarenhändler Israel Aron Wurzel verheiratet, der am 9. November 1939 in Chemnitz verstorben war. Die Eheleute hatten im Mai 1902 in Skole (Österr.- Polen) geheiratet, wo auch ihre Kinder Ester und Elias in den Jahren 1895 und 1903 geboren wurden. Mit Lina wurde ein weiteres Kind im Jahr 1911 in Chemnitz geboren, wohin die Eheleute 1910 ihren Wohnsitz verlegt hatten. Die Familie lebte auf dem Sonnenberg. Klara Wurzel wurde am 8. September 1942 in das Altersghetto Theresienstadt deportiert, wo sie am 23. September 1942 infolge einer „Herzerkrankung“, wie der behandelnde Arzt feststellte, starb. Elias Wurzel wurde am 17. Juli 1942 ab Pithiviers in das Vernichtungslager Auschwitz verschleppt. Dort wurde er am 15. September 1942 ermordet. Herta Wurzel, die Frau von Elias wurde am 29. Juli 1942 mit dem Transport Nr. 12 ab Drancy nach Auschwitz deportiert, wo sie unmittelbar nach Ankunft den Gastod sterben musste.
Sabina Nathan war eine bemerkenswerte Frau, über deren Leben nur wenig bekannt ist. Seit dem 1. April 1901 war sie Inhaberin eines rituellen, d. h. koscheren, Mittags- und Abendtisches. Dieser befand sich später in der Lange Straße 46. In der Folgezeit baute Sabina Nathan ihren Mittagstisch mit Erfolg zu einer rituell geführten Speisewirtschaft mit einer kleinen Pension aus. Hilfe erhielt sie dabei von ihren ledigen Schwestern Johanna und Julie. Diese wohnten bei ihrer ebenfalls unverheirateten Schwester zur Untermiete. Sabina und Johanna Nathan wurden am 7. September 1942 mit einem großen Sammeltransport in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Johanna starb dort am 16. Februar 1943. Sabinas Leben endete am 6. Juli 1944 in dem Altersghetto. Julie Nathan war bereits im Laufe des Jahres 1939 in die Jacoby´sche Anstalt in Bendorf-Sayn eingewiesen worden. Dort befand sich die einzige jüdische Heil- und Pflegeanstalt im NS-Reich, die weiterhin jüdische Patienten aufnehmen durfte. Julie befand sich dort bis zum 22. März 1942, bevor sie mit weiteren Anstaltsinsassen in das Ghetto Izbica deportiert wurde.
Quelle: Pressestelle Stadt Chemnitz