Sachsen- Obstbauern sehen der Zukunft mit gemischten Gefühlen entgegen.
Der Grund dafür liegt nicht nur in zunehmenden Wetterextremen, sondern auch in den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen. «Die machen uns noch viel mehr zu schaffen», sagte Udo Jetzsch, Geschäftsführer des Landesverbandes Sächsisches Obst, der Deutschen Presse-Agentur. Der Verband ist auch für die Kollegen in Sachsen-Anhalt zuständig. Die Obstproduktion habe sich erheblich verteuert. «Die Kosten gehen immer weiter nach oben». Als Beleg nannte er die Entwicklung bei den Mindestlöhnen und steigende Energie- und Betriebsmittelkosten. «Infolge politischer Entscheidungen steigen unsere Kosten. Im Gegenzug benötigen wir deutlich höhere Erlöse.»
Besonders problematisch sei die Lage bei Erdbeeren - auch wegen des hohen Anteils an Handarbeit. Jentzsch befürchtet, dass es in zwei oder drei Jahren eine Produktion von Erdbeeren fast nur noch für die Direktvermarktung gibt. Seit Einführung des Mindestlohnes im Jahr 2015 habe sich die Anbaufläche halbiert - in Sachsen von 800 Hektar auf nur noch 400 Hektar. Auch bei anderen Obstarten würden die Flächen spürbar zurückgehen. «Der Obstbau wird nicht aussterben, der Erhalt großer Flächen aber immer schwieriger.»
Anders als in der Landwirtschaft könne man Arbeit in Obstplantagen nicht ohne weiteres von Maschinen verrichten lassen, sagte Jentzsch: «Obstbau ist zu 60 Prozent Handarbeit.» Ein weiteres Problem sei die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln und Pläne der EU, den Einsatz von Pestiziden bis 2030 zu halbieren und in sensiblen Gebieten ganz zu verbieten: «Wir können unsere Früchte nicht mehr ausreichend vor Schädlingen und Krankheiten schützen. Schadhafte Früchte akzeptieren aber weder der Handel noch der Kunde. Man will Pflanzenschutzmittel reduzieren, aber zugleich makelloses Obst. Das ist ein Widerspruch.» Damit werde die Produktion in Regionen ohne Beschränkungen verlagert.
Nach den Worten von Jentzsch geht mit dem Verschwinden der Obstbäume auch Biodiversität verloren. «In einer Obstanlage blüht ja immer etwas. Das ist wichtig für die Insekten.» Den Anbau exotischer Obstsorten wie Ananas oder Bananen wird es nach Einschätzung von Jentzsch hierzulande auch bei weiterem Klimawandel nicht geben. «Trotz der Erwärmung gibt es im Winter immer mal wieder Temperaturen von minus 10 Grad oder mehr. Eine Bananenstaude überlebt das nicht.»
Jentzsch zufolge können Verbraucher nur mit ihrem Kaufverhalten den regionalen Obstbau erhalten. Der Ruf und die Qualität des hiesigen Obstes seien gut. Im Grunde habe der Mensch aber zwei Seelen in einer Brust. Als Bürger wolle er Obst, das klimaschonend, naturnah und ohne Pflanzenschutzmittel produziert wurde. Als Verbraucher schaue man, ob das Obst gut aussieht und vor allem billig ist. «Unsere Apfelernte sieht in diesem Jahr sehr gut aus. Es wird zwar etwas weniger Apfel aus Sachsen und Sachsen-Anhalt geben, aber dafür sind sie knackig, saftig sowie schön süß und säuerlich. Für jeden Geschmack gibt es eine Apfelsorte.»
Nach Verbandsangaben bewirtschaften in Sachsen 40 Betriebe knapp 3000 Hektar Anbaufläche, in Sachsen-Anhalt 29 Betriebe rund 775 Hektar. (dpa)