So, 29.10.2023 , 11:50 Uhr

Pfarrer Hippler: Afrika braucht eine andere Entwicklungshilfe

Dresden - Pfarrer Stefan Hippler (63) - Gründer des Projektes Hope Cape Town (Kapstadt) - hält eine Neuausrichtung der Entwicklungshilfe für dringend erforderlich. «Wenn wir es nicht schaffen, Menschen in Afrika zu halten, ihnen die Möglichkeiten zu einer Ausbildung und Wertschöpfung zu geben, dann werden die nächste und übernächste Generation in Europa neben dem Klimawandel noch eine andere Katastrophe zu bewältigen haben», sagte er im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur in Dresden. Dort findet am Samstag eine weitere Spendengala für das 2001 gegründete Hilfsprojekt statt.

 

«Es geht bei der Arbeit von Nichtregierungsorganisationen (NGOs) wie Hope nicht in erster Linie um Charity, sondern um Entwicklung. Es geht darum, Dinge so zu ändern, dass Menschen auf allen Kontinenten eine Perspektive haben und leben können. NGOs spielen da eine wichtige Rolle. Sie müssen mit der Wirtschaft zusammengehen, um die Entwicklung voranzutreiben. Nur dann kann man erreichen, dass die Völkerwanderung und die Flüchtlingsströme ein Stück weit aufhören.» Dazu brauche man auch politische Veränderungen. China, Russland und die Türkei würden einen immer größeren Einfluss in Afrika ausüben.

«Die bisherige Entwicklungspolitik funktioniert nicht mehr. In den vergangenen 30 Jahren scheint Afrika in der Entwicklung eher abzudriften», betonte Hippler. Bisher führe Entwicklungspolitik eher dazu, dass sich ein Teil der Elite in den betreffenden Ländern bereichere. «Viel Geld versickert.» Nötig seien Kooperationen nicht nur auf bilateraler Ebene von Staaten, sondern auch zwischen Regionen und Kommunen. «Dinge, die auf Ortsebene funktionieren, haben oft eine viel größere Ausstrahlung.»

Laut Hippler können NGOs der Politik dabei helfen, ein realistisches Bild von der Situation in den betreffenden Ländern zu bekommen. «Wir arbeiten in der Realität und zeigen sie. Wenn ein Politiker nach Südafrika kommt und sich etwa mit dem Präsidenten trifft, dann sitzt er in einem wunderschönen Saal, bekommt Blumen überreicht und ein Kinderchor singt. Das ist aber nicht die Realität in Afrika.»

Hippler zufolge braucht Entwicklungshilfe vor allem Offenheit und Transparenz: «Zur Freundschaft gehört Ehrlichkeit. Diplomatie heißt nicht, immer nur nett zu sein. Wir brauchen große Projekte, aber auch ganz kleine. Viele Dinge sind in Afrika nur im Kleinen möglich. Wir müssen uns auch davon verabschieden, dass alle Dinge aus Deutschland für Afrika großartig sind, etwa dass die duale Ausbildung unbedingt drei Jahre dauern muss. Für junge Afrikaner ist das eine sehr große Zeitspanne. Hier lässt sich vieles nur in kleinen Schritten tun.»

Hippler erinnerte daran, dass Entwicklungshilfe nie eine Einbahnstraße sein könne. «Alles, was wir tun, ist ein Austausch. Was wir in Afrika tun, ist auch gut für Europa.» In europäischen Ländern gebe es die Wahrnehmung, dass alle afrikanischen Flüchtlinge nur in die EU wollten. «Aber fast alle Flüchtlinge aus den Ländern südlich von Somalia landen in Südafrika. Was wir in Europa sehen, ist nur die Spitze des Eisberges.»

Trotz aller Probleme sieht Hippler die Zukunft Afrikas optimistisch. 2050 werde Afrika weltweit die jüngste Bevölkerung haben. «Konsum und Wertschöpfung wird hier geschehen.» Afrika habe die Chance, Entwicklungsschritte zu überspringen, etwa bei den Themen grüner Wasserstoff und erneuerbare Energie. Südafrika, Namibia und Senegal seien dafür schon heute Pilgerorte. «Südafrika hat ein riesiges Potenzial. Afrika ist ein Kontinent der Zukunft, und Europa sollte seine Politik daran ausrichten.»

(dpa)