Sachsen - Tag 3 und 4 der Großbritannien-Reise des sächsischen Wirtschaftsministers. Die Präsentation der Brennstoffzellen-Kompetenz in Loughborough und Netzwerken in der schottischen Hauptstadt Edinburgh.
Vor der Weiterreise von England nach Schottland informierte sich Wirtschaftsminister Martin Dulig bei »Intelligent Energy« (IE) über den Einsatz von Brennstoffzellenprodukten mit Protonenaustauschmembran (PEM). IE ist auf diesem Gebiet weltweit führend. Das Unternehmen hat seinen Hauptsitz im industriellen Zentrum Loughborough (Grafschaft Leicestershire) und verfügt über weitere Niederlassungen und Vertretungen in den USA, Japan, Korea und China. Sächsischer Partner von Intelligent Energy ist der Automobilzulieferer FES in Zwickau.
Wirtschaftsminister Dulig: »Brennstoffzellen sind eine Schlüsseltechnologie für die stationäre und mobile Energieversorgung der Zukunft. Sie werden in zahlreichen Anwendungen eingesetzt, in denen sauberer, hocheffizienter und kostengünstiger Strom erforderlich ist. Durch die Nutzung von grünem Wasserstoff zur stationären Stromerzeugung leistet die Brennstoffzellentechnik einen wichtigen Beitrag zur Energiewende. Hier werden hochmoderne Zellen erforscht, welche bereits erfolgreich in Autos, Lkw oder auch Drohnen eingesetzt werden. Zurzeit forscht man an Zellen, welche auch Flugzeuge antreiben können. Es ist wirklich eindrucksvoll, mit wie vielen Ideen und Enthusiasmus hier geforscht und entwickelt wird.«
Dulig warb bei Intelligent Energy um eine Firmenansiedlung in Sachsen: »Wir wissen, dass ein neuer Standort in Deutschland gesucht wird. Auch deswegen sind wir heute hier. Denn Sachsen hat den Briten viel zu bieten! Die Wasserstoffwirtschaft besitzt auch bei uns ein hohes Kompensationspotenzial gerade für die Industrien, welche vom Strukturwandel betroffen sind. Sachsen ist hier stark aufgestellt und bildet schon nahezu die vollständige Wertschöpfungskette für Wasserstofftechnologien ab. Das reicht von der Forschung und Entwicklung bis zur Produktion von Anlagen zur Wasserstoffherstellung. Der Freistaat Sachsen bietet Intelligent Energy also optimale Voraussetzungen, seine innovativen Produkte auch hier zu entwickeln und herzustellen.« Dulig lud das Unternehmen zu einem weiteren Austausch nach Sachsen und zur Chemnitzer Brennstoffzellenkonferenz »FC³ Fuel Cell Conference« in der kommenden Woche (31. Mai bis 1. Juni 2022) ein.
Der heutige Tag stand im Zeichen der sächsisch-schottischen Zusammenarbeit nach dem Brexit - etwa bei Gesprächen der sächsischen und schottischen Wirtschaftsförderungsgesellschaften.
In der schottischen Hauptstadt Edinburgh traf sich Martin Dulig mit Kate Forbes, Ministerin für Wirtschaft und Finanzen, sowie Vertretern der Wirtschaftsfördergesellschaft Scottish Development International und der Kammern (Scottish Chambers). Dulig: »Es war ein sehr spannendes Gespräch. Schottland und Sachsen stehen vor der gleichen Herausforderung, wir müssen unsere Industrie fit machen für die Zukunft. Wir setzen beide auf Wasserstoff und regenerative Energien. Schottland verfügt über viel Wind und damit Windenergie, welche sie einsetzen wollen, um grünen Wasserstoff zu erzeugen. Dieser soll auch exportiert werden. Da gibt es unglaublich viele Möglichkeiten der Zusammenarbeit.« Konkret sollen diese im Anschluss der Reise ausgelotet werden. Kate Forbes: »Wir sind sehr an technischer Zusammenarbeit und Expertise interessiert, haben aber auch eigene Forschungsergebnisse und Technologien anzubieten. Gemeinsam, durch Zusammenarbeit, können wir es schaffen, die Klimaziele bis 2050 zu erfüllen und unsere Länder voran zu bringen.«
Natürlich spielt in Schottland das Thema Fußball eine große Rolle. Das 5:4 von Eintracht Frankfurt gegen den Rangers FC sah Minister Dulig in einem Pub in Edinburgh: »Es war eine tolle Stimmung, die Schotten haben uns sofort ins Herz geschlossen, mit uns gelacht und gefeiert.« Generell ist das Miteinander und die Offenheit eine starke Eigenschaft der Schotten: Sie votierten gegen den Austritt des UK aus der Europäischen Union, wollen die Kernkraft abschaffen und auch die Atomflotte des Militärs. Doch bekanntlich unterlag die schottische Mehrheit bei der Abstimmung im UK. Daher versucht die schottische Regierung nun, die Kontakte nach Europa eng zu knüpfen und bestehende Beziehungen zu stärken. »Diese proeuropäische Einstellung Schottlands bietet zahlreiche Anknüpfungspunkte«, so Martin Dulig. »Eine große Schnittmenge sehe ich etwa bei den Branchen Life Sciences, Wasserstoff, Kultur- und Kreativwirtschaft und Hightech. Unsere beiden Länder besitzen Transformationserfahrung und wissen, wie man mit Standhaftigkeit, Mut, Ideen und erstklassigen Kompetenzen in wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Umbruchzeiten Neues wagt.«
In Edinburgh informierte sich der sächsische Wirtschaftsminister auch über die Arbeit von »CodeBase«, des größten britischen Inkubators für Technologieunternehmen. Inkubatoren sind Einrichtungen bzw. Institutionen, welche Existenzgründer im Rahmen der Unternehmensgründung unterstützen. CodeBase konzentriert sich auf Technologie-Start-ups und deren Wachstum und hat bisher über 500 Existenzgründungen unterstützt. Das 2014 eröffnete Unternehmen hat auch Hubs in Aberdeen und Stirling. Seit 2019 bietet CodeBase das »Creative Bridge«-Programm an, das darauf abzielt, Akteure der Kreativwirtschaft in Edinburgh bei der Entwicklung neuer digitaler Produkte und Dienstleistungen zu unterstützen.
Auch kulturell kam die Sachsen-Delegation auf ihre Kosten: Auf der Fahrt vom knapp 500 Kilometer entfernten Birmingham nach Edinburgh hielt die Delegation am im 14. Jahrhundert gebauten Alnwick Castle. Die historische Schlossanlage diente in den vergangenen Jahren vor allem als Filmkulisse für Blockbuster wie Transformers, Robin Hood oder Downton Abbey. Bei Phantasiefans wurde die privat verwaltete Anlage vor allem durch die Harry-Potter-Verfilmungen bekannt. Martin Dulig: »Hier in Hogwarts zu stehen, ist etwas ganz Besonderes. Ich bin mit den Büchern über meine Kinder in Berührung gekommen, die damit aufgewachsen sind und natürlich ein riesiger Fan des Hauses Gryffindor.« Auch die Delegation ließ sich die Gelegenheit nicht entgehen und kaufte im Souvenirshop kräftig ein: Niffler, Slytherin-Pullover und natürlich Besen der Marke »Nimbus 2000«.
Am Freitag endet die Großbritannien-Reise von Wirtschafts- und Verkehrsminister Martin Dulig. Der Minister und die sächsische Delegation werden von Edinburgh über Frankfurt nach Sachsen zurückreisen und am Abend am Flughafen Dresden International eintreffen. Dulig bilanzierend: »Es hat sich wieder einmal gezeigt, besonders nach der Covid-Pandemie, wie wichtig die Zusammenarbeit mit anderen Ländern ist. Großbritannien und Sachsen bewegen die gleichen Themen, wir forschen und arbeiten an den gleichen Herausforderungen, wir haben viele identische, außenpolitische Ansichten - auch wenn das Königreich leider nicht mehr in der EU ist. Gerade beim Thema Wasserstoff sprechen wir nicht über kleine Versuchsfelder, sondern über große, internationale Maßstäbe, die wir nur gemeinsam bewältigen können. Es ist daher immer richtig und wichtig sich auf Augenhöhe zu begegnen, zu verstehen und voneinander zu lernen.«
Martin Dulig besucht vom 15. bis 20. Mai Großbritannien. Die vom sächsischen Wirtschaftsministerium (SMWA) und der Wirtschaftsförderung Sachsen GmbH (WFS) organisierte Delegationsreise soll dazu beitragen, die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Sachsen und dem Vereinigten Königreich nach dem britischen EU-Austritt (»Brexit) fortzusetzen und zu vertiefen. Minister Dulig wird von einer rund 25-köpfigen Delegation begleitet, die sich u.a. aus Vertretern von Clustern, Hochschulen und Kammern zusammensetzt.