Leipzig- Voller Emotionen und mit strahlenden Gesichtern präsentiert sich die Schlagerbranche in Fernsehshows. Der beachtliche Wirtschaftsfaktor bringt vielen Fans in Deutschland Heile-Welt-Gefühl und Gute-Laune-Ohrwürmer.
Karrieren wie die von Heino oder Florian Silbereisen stehen für die effiziente Maschinerie hinter den Showauftritten. Die Schlagerwelt, die im Fernsehen bewusst überzeichnet wird, bekommt jetzt eine ganz andere Bühne: einen nüchternen Gerichtsraum.
Es ist ein Fall, der schon viele Jahre zurückliegt. 2011 kam der Skandal ans Licht. Beim ARD-Sender Mitteldeutscher Rundfunk (MDR) stach bis dahin ein Unterhaltungschef hervor, der die Schlagerbranche richtig groß ins TV brachte und damit auch dem öffentlich-rechtlichen Sender in Ostdeutschland ein markantes Unterhaltungsprofil verpasste. Er öffnete aufstrebenden Schlagerstars Türen, ermöglichte TV-Produktionen, förderte Schlagerkarrieren wie die von Silbereisen. Über den Sender hinaus wurde man auf ihn aufmerksam. Nun kommt Udo Foht vor Gericht.
An diesem Donnerstag beginnt der Strafprozess vor dem Landgericht Leipzig. Zusammengefasst stehen Vorwürfe im Raum, dass es Filz und Geldschiebereien gegeben haben soll. Der Fall ist sehr kleinteilig. Der MDR hatte Foht nach Aufkommen des Skandals gekündigt. Er hatte sich damals nicht öffentlich zu den Vorwürfen geäußert. Ein Arbeitsprozess endete mit einem Vergleich.
Nach Angaben des Landgerichts wirft die Staatsanwaltschaft dem früheren TV-Manager im Tatzeitraum ab Februar 2008 Betrug, Untreue, Bestechlichkeit und Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit zum Nachteil verschiedener mutmaßlich Geschädigter vor.
Dem Vernehmen nach sind im Verlauf des Prozesses mit Terminen bis ins nächste Jahr hinein zahlreiche Zeugen eingeplant - darunter wichtige Manager aus der Schlagerbranche.
Eigentlich hätte der Prozess schon 2018 beginnen sollen, wegen Krankheit war dieser aber abgesagt worden. Bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens gilt für Foht die Unschuldsvermutung. Es gibt weitere Beschuldigte - deren Verfahren waren von dem Foht-Strang abgetrennt worden. Wann diese Verfahren vor Gericht verhandelt werden, ist unklar.
Der jetzt angesetzte Prozessstart hat bereits Folgen nach sich gezogen. Vor Tagen wurde bekannt, dass die MDR-Landesfunkhausdirektorin in Sachsen-Anhalt, Ines Hoge-Lorenz, von ihrem Amt zurücktritt. Hoge-Lorenz war erst im Januar 2021 in die Position gekommen. Hintergrund des Rücktritts ist nach ihren Angaben fehlende Transparenz gegenüber dem Sender zu einem beruflichen Detail ihres Ehemannes. Hoge-Lorenz wurde mit diesen Worten zitiert: «Ich habe es vor meinem Amtsantritt als Landesfunkhausdirektorin Sachsen-Anhalt versäumt, klar darüber zu informieren, dass mein Ehemann vor über zehn Jahren in der Causa Foht eine Rolle gespielt hat.»
Der juristische Direktor des MDR, Jens-Ole Schröder, sagte zum bevorstehenden Prozess: «Der MDR selbst hat die Vorgänge umfassend und zügig aufgeklärt und in Folge auch mit der Staatsanwaltschaft kooperiert. Der MDR hat arbeitsrechtliche Konsequenzen rasch gezogen und er hat Schadenersatzansprüche durchgesetzt.» Zudem habe der MDR in der Folge ein modernes und umfassendes Compliance Management System aufgesetzt. Das System stelle sicher, dass Regeln auch gelebt und eingehalten werden.
Die Foht-Affäre war damals ein weiterer Skandal für den vergleichsweise jungen ARD-Sender MDR gewesen. Bereits 2005 war ein früherer Sendersportchef unter Korruptionsverdacht fristlos entlassen worden. 2010 flog ein Betrugsskandal beim Kindersender KiKA (Federführung hat der MDR) auf. Im Zentrum stand ein Herstellungsleiter, der über Scheinrechnungen mehrere Millionen Euro abgezweigt hatte.
Quelle: dpa