Mo, 25.05.2020 , 17:55 Uhr

So blickt der VSWG auf 2019

Dresden - Die sächsischen Wohnungsgenossenschaften sind ein bedeutender Faktor auf dem Wohnungsmarkt im Freistaat. Sie bewirtschaften rund 19 Prozent der Mietwohnungen in Sachsen und bieten Wohnraum für etwa eine halbe Million Menschen. Heute wurden die Zahlen der Jahresstatistik 2019 präsentiert und die letzten Mitgliederbefragungen vorgestellt.

Im Jahr 2019 haben die Investitionen erstmals die Schallgrenze von 500 Mio. Euro überschritten und lagen mit 513 Mio. Euro fast 15 Prozent über dem Vorjahreswert. Neben einer Erhöhung der Neubauinvestitionen um rund 17 Mio. Euro auf 94,1 Mio. Euro wurden mit 135,2 Mio. Euro knapp 5 Mio. Euro mehr in Modernisierungen investiert. Den größten Anstieg verzeichneten die Aufwendungen für Instandhaltungen, die mit fast 284 Mio. Euro um rund 18 Prozent deutlich angestiegen sind. Die hohen Instandhaltungskosten sind ein Ausdruck der bevorstehenden zweiten Sanierungswelle inden Wohnungsbeständen. Auch die stark steigenden Preise für Baumaterialien und Dienstleistungen sind Gründe für den deutlichen Anstieg der Investitionen. Greifbar werden die Gesamtinvestitionen, wenn sie auf jeden der365 Tage im Kalenderjahr heruntergebrochen werden. Inklusive aller Wochenenden und Feiertage ergibt sich dabei ein Betrag von 1,4 Mio. Euro, der jeden Tag in bestehende und neue Gebäude der sächsischen Wohnungsgenossenschaften investiert wurden.Dies sind 58.560 Euro pro Stunde tagtäglich.

Für 2020 planen die sächsischen Wohnungsgenossenschaften, insgesamt rund 578,91 Millionen Euro und somit nochmals fast 66 Mio.Euro mehr als im Vorjahr zu investieren. Während die Investitionen in Instandhaltungen mit 286,5 Mio.Euro in etwa auf Vorjahresniveau erwartet werden, planen die sächsischen Wohnungsgenossenschaften,die Investitionen in Modernisierungen um etwa 60 Mio.Euro auf 196 Mio.Euro gegenüber 2019 deutlich zu steigern. „Darin enthalten sind Investitionen für eine Anpassung der Wohnungen an die demografischen Entwicklungen –Grundrissanpassungen, Schwellenentfernungen, Badmodernisierung –genauso wie Investitionen zur Schaffung von Angeboten für Familien. Auch spielenAufzugsnachrüstungeneinegroße Rolle, die für Jung und Alt eine Attraktivitätssteigerung der Wohnungsangebote sind. Auch der Neubau wird kontinuierlich fortgesetzt. Mit 96,4 Mio. Euro ist das Budget nahezu unverändert auf hohem Niveau“, erläutert Mirjam Luserke, Vorstand des VSWG.

Der Neubau hat sich in den letzten Jahren auf einem relativ konstanten Niveau zwischen 300 und 500 Wohnungen eingependelt. Mit 431 fertiggestellten Wohnungen im Jahr 2019 lag die Fertigstellung auch in diesem Jahr innerhalb der Bandbreite. Der Neubau ist eine wichtige Säule in der nachhaltigen Bewirtschaftung der Wohnungsbestände. „Während es auf der einen Seite darum geht, Angebote zu schaffen, die sich im Bestand oft nur mit unverhältnismäßigem Aufwand schaffen lassen (z. B. barrierefreie Wohnungen odergroße Wohnungen für Familien) ist ein kontinuierlicher Neubau auch erforderlich, um die Bestände zu verjüngen und beim Erreichen des Lebensendes der Bestandsgebäude den Bestand konstant zu halten“, so der VSWG-Vorstand. Dabei ist der Neubau auch und gerade im ländlichen Raum sinnvoll. Er kann die Attraktivität in den Regionen noch weiter verbessern und dafür sorgen, bestehenden und zurückkehrenden Fachkräften ein breites Wohnungsangebot zu jedem Qualitäts-und Preisniveau zu verschaffen. Gute Beispiele für Neubauprojekte außerhalb der Großstädte lassen sich z. B. in Hoyerswerda, Neugersdorf oder Wurzen finden.

Auf der anderen Seite findet weiterhin Rückbau von vollständigen Gebäuden oder Gebäudeteilen (Teilrückbau) statt. Mit 248 Wohnungen wurden 2019 jedoch erstmals weniger Wohnungen vom Markt genommen als neu gebaut. Die auf den ersten Blick rückläufigen Zahlen täuschen über den weiterhin hohen Rückbaubedarf in den kommenden Jahren hinweg. Vielmehr sind die Zahlen Ausdruck von wirtschaftlichen Zwängen beim Rückbau. Zum einen steigt der Bedarf am Rückbau einzelner Etagen bzw. Gebäudeteile. Kostenseitig bewegt sich der Teilrückbau jedoch um etwa den Faktor 3 über den Kosten eines vollständigen Rückbaus. Die Umgestaltung der Städtebauförderung sowie deutlich zu niedrige Zuschussbeträge für den Rückbau waren zwei weitere Faktoren für den recht deutlichen Rückgang der Zahlen 2019. Insgesamt wurden bis Ende 2019 fast 34.000 Wohnungen allein bei den sächsischen Wohnungsgenossenschaften vom Markt genommen.

Beim Leerstand zeichnet sich insgesamt ab, dass die Talsohle von 2015 durchschritten ist und die Leerstände seitdem wieder leicht ansteigen. Operativ ist der Leerstand um durchschnittlich 0,2 Prozentpunkte auf 8,4 Prozent gestiegen. Damit bestätigt sich der Trend, dass die Talsohle, die sich in den Jahren 2011 bis 2017 gebildet hat und die ihren Tiefpunkt bei 7,8 Prozent fand, durchschritten ist und die Leerstände wieder langsam ansteigen. Der ausgewiesene Leerstand im Jahr 2019 beträgt jedoch nur 8,1 Prozent und somit einen leichten Rückgang um 0,1 Prozentpunkte, der sich durch den Beitritt einer Wohnungsgenossenschaft aus Dresden ergeben hat, die den Gesamtleerstand positiv beeinflusst hat. Weiterhin zeigt sich, dass die Schere zwischen den drei Städten Chemnitz, Dresden und Leipzig sowie dem Rest des Landes weiter auseinandergeht. Ohne die Großstädte beträgt der Leerstand bereits 10,9 Prozent. Auffällig im Jahr 2019 ist, dass sich der Leerstand in Chemnitz gegenüber dem Vorjahr um 0,8 Prozentpunkte auf 7,4 Prozent erhöht hat. In Dresden sind weiterhin 2,3 Prozent der Wohnungen leerstehend. In Leipzig reduzierte sich der Leerstand nur marginal um 0,1 Prozentpunkte auf 7,1 Prozent.

„Bei den Rückbauzahlen erleben wir die Ruhe vor dem Sturm. Der steigende Leerstand wird in der Zukunft zu deutlich höheren Rückbaubedarfen führen. Um die Wohnungsmärkte vom starken Überangebot zu befreien,bedarf es dabei flächendeckend anwendbarer Fördermöglichkeiten. In den Städten durch die Städtebauförderung und außerhalb durch eine flächendeckendes Landesrückbauprogramm“, betont Sven Winkler, Referent Betriebswirtschaft des VSWG

Die durchschnittliche Nettokaltmiete (Nutzungsgebühr) der sächsischen Wohnungsgenossen-schaften ist im Jahr 2019 um formell 2,7 Prozent auf 5,03 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche gestiegen. Auch hier wirkt sich jedoch der Sondereffekt aufgrund des Beitritts einer großen Dresdner Wohnungsgenossenschaft aus. Bereinigt um den Sondereffekt liegt die durchschnittliche Kaltmiete bei 4,99 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche und somit lediglich 0,09 Euro pro Quadratmeter über dem Vorjahreswert. Der operative Anstieg um 1,8 Prozent ist auf die Neubautätigkeit, durchgeführte Modernisierungen sowie zum Teil laufende Anpassungen an die örtlichen Mietspiegel zurückzuführen. Mit einer durchschnittlichen Kaltmiete von 423 Euro für eine durchschnittliche Wohnung mit 58,59 Quadratmetern Wohnfläche stehen die Wohnungsgenossenschaften weiterhin für bezahlbares Wohnen.

Im Jahr 2019 wurden erstmals ausführlich die Neuvertragsmieten (Angebotsmieten) ausgewertet. Dabei zeigt sich, dass im Schnitt über alle Mitgliedsunternehmen 5,62 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche bei 2019 geschlossenen Verträgen vereinbart wurde. Ohne die drei großen Städte liegt die Neuvertragsmiete mit nur 5,15 Euro nur knapp über der durchschnittlichen Bestandsmiete. Ebenfalls verdeutlichen die Neuvertragsmieten, dass im Neubau mit 10 Euro eine absolute „Schallgrenze“ erreicht ist. Nur in ganz wenigen sehr guten Lagen lassen sich im Neubau Mieten über 10 Euro durchsetzen.