Sachsen- Die Laubbäume verfärben sich, Astern blühen und in Früchten scheint noch die Wärme des vergangenen Sommers zu leuchten. Im Herbst und den anstehenden Ferien präsentieren Sachsens Botanische Gärten noch einmal die Schönheiten ihres Bestands. Überhaupt lohne sich auch in der kalten Jahreszeit ein Besuch in den ausgedehnten Gartenanlagen bei freiem Eintritt, sagt Dorett Bothmann vom Botanischen Garten der Universität Leipzig.
«Niemand muss um die Welt reisen, um wertvolle Pflanzenarten zu erleben.» Zaubernussgewächse aus Asien etwa begeistern Besucher auch im Winter – so wie aktuell die Blüte von Alpenveilchen und Herbstzeitlosen.
Kakaobäume aus Lateinamerika, Seidenakazien aus dem persischen Raum: Auf 3,2 Hektar Fläche wachsen 6.500 verschiedene Pflanzenarten, wie Bothmann über die Einrichtung in Leipzig sagt, die als ältester Botanischer Garten Deutschlands gilt, der zu einer Universität gehört. Die Gründung der ersten Anlagen geht auf das 16. Jahrhundert zurück. Aktuell blicke die Institution auf eine «wunderschöne Sommersaison» mit Besucherrekorden zurück, so die Mitarbeiterin im Marketing. Die hauseigene Orchideenschau, Pflanzenmärkte und die Schmetterlingsschau im tropischen Gewächshaus kamen gut an.
Doch die Experten für die seltenen, oft alten und wertvollen Gehölze und Pflanzen plagen Sorgen. «Die ständige Pflege der Gebäude und des gesamten Geländes ist eine Mammutaufgabe. Aber wichtig, denn wir sind eine historische Einrichtung mit hohem wissenschaftlichem Anspruch.» Die Gewächshäuser seien nach dem jüngsten Umbau in den 2000ern längst wieder renovierungsbedürftig. Da der Botanische Garten in der Messestadt an eine Hochschule angebunden sei, sei die Finanzierung noch gesicherter als in anderen, nicht universitären Einrichtungen.
Im Botanischen Garten der Technischen Universität Dresden haben die heißen und trockenen Sommer der vergangenen Jahre Lücken gerissen, wie die wissenschaftliche Leiterin Barbara Ditsch erklärt. Einige Gehölze, die vor Jahren gepflanzt worden seien und ursprünglich aus Kanada oder Alaska stammten, seien inzwischen abgestorben. Auch Bewässerung könne diese Entwicklung nicht aufhalten.
«Durch die Niederschläge in den letzten Monaten haben wir etwas aufgeatmet. In dieser Sommersaison kamen keine Schäden hinzu», erläutert Ditsch. Gehen seltene Pflanzen verloren, sei das oftmals ein unwiederbringlicher Verlust. Früher hätten Botanische Gärten weltweit Samen seltener Pflanzen unkompliziert untereinander tauschen können. Inzwischen gebe es verschiedene Regularien und Zulassungsbeschränkungen. «Wir hüten unsere Pflanzen wie einen Schatz. Wenn Raritäten verloren gehen, von denen es viele gibt, ist es aufwendig bis fast unmöglich, neuen Samen zu bekommen.»
Auf 3,25 Hektar Fläche wachsen in dem Dresdner Garten 10.000 Pflanzenarten aller Kontinente. Dazu kommen drei Außenstellen in Meißen, auf dem Fichtelberg im Erzgebirge und im Landschloss Pirna-Zuschendorf (Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge). Die Schaugewächshäuser mit Wüsten-, Regenwald- und Kübelpflanzen sind im Winter geöffnet. «Deren Erhalt ist ein Kampf gegen Windmühlen. Würde die Heizung in einer kalten Winternacht ausfallen, könnte das unzählige Pflanzen ruinieren», erklärt Ditsch und spricht auch beim Dresdner Garten von einer «maroden Infrastruktur» bei den Gebäuden.
Eine Besonderheit sei unter anderem die Sammlung von 750 verschiedenen Sommerblumen im Freiland. «Wir wollen diese Artenvielfalt erhalten. Auch wenn die Pflege personalintensiv ist.» Noch jetzt seien hier Blüten zu bewundern, später würden die Samen geerntet – beide seien wichtig für Forschung und Lehre. Außerdem betreiben die Forstwissenschaftler der TU Dresden den Forstbotanischen Garten in Tharandt, der 1811 gegründet wurde.
Dem Sprecher der Landesstiftung Natur und Umwelt Tomas Brückmann zufolge soll ein Netzwerk den acht nicht universitären Botanischen Gärten in Sachsen ab diesem Jahr stärker unter die Arme greifen. «Die sind finanziell weniger abgesichert. Außerdem fehlt oftmals die wissenschaftliche Begleitung.» Deshalb habe der Landtag eine Halbtagsstelle zur Betreuung bewilligt. Regelmäßige Treffen zu Themen wie Inventarisierung, Artenschutz und Fördermittelanträgen sollen folgen.
Der städtische Botanische Garten Chemnitz ist in dem Netzwerk vertreten. Und auch Leiter Sten Gillner sorgt sich um den Erhalt der Flächen und der drei Schaugewächshäuser mit Pflanzen aus den Tropen und dem mediterranen Raum. «Der Pflegezustand einer solch umfangreichen Anlage könnte besser sein.» Dazu kommen klimatische Probleme. «Durch den späten Frost im Frühjahr gab es starke Schäden bei uns.»
Trotzdem versuche die Einrichtung mit 12 Mitarbeitern und einer über 125-jährigen Geschichte, viele kleine Sachen so gut es gehe zu erneuern. Der Eintritt ist nach wie vor frei. Und ein Botanischer Garten sei das ganze Jahr interessant, besonders im Herbst, findet Gillner. «Die Zeit bietet ein Potpourri aus Blüten, Früchten und einer tollen Herbstfärbung der Laubbäume.» Geöffnet seien die Schaugewächshäuser auch im Winter. «Gerade dann entfliehen viele Menschen gerne dem grauen Wetter und genießen den üppigen Pflanzenbestand der Tropen.» (dpa)