Leipzig - Welche Wanderungsbewegungen Menschen einst das Maximum der letzten Eiszeit in Europa überstehen halfen, hat ein internationales Forschungsteam per Genanalyse zu ergründen versucht. Die im Fachjournal «Nature» veröffentlichte Studie konzentrierte sich auf Genome von 356 Individuen alter Kulturen unter anderem aus europäischen und zentralasiatischen Ländern.
Es sei der größte jemals erstellte Genomdatensatz europäischer Jäger und Sammler, hieß es vom beteiligten Max-Planck-Institut für Evolutionäre Anthropologie in Leipzig.
Die Forscherinnen und Forscher konzentrierten sich bei ihrer Analyse auf Menschen, die zumindest in Teilen als Vorfahren der heutigen Menschen Westeurasiens gelten und die vor 35 000 bis 5000 Jahren lebten.
Mit diesen Funden könne man erstmals direkt die These untermauern, dass die Menschen während der kältesten Phase der letzten Eiszeit Zuflucht in Südwesteuropa suchten, das klimatisch günstigere Bedingungen bot, sagte Erstautor Cosimo Posth von der Universität Tübingen.
Während also die Westgravettier das glaziale Maximum überlebten, verschwanden die Ost- und Südgravettier.
Niedergelassen hätten sich auf der italienischen Halbinsel stattdessen Menschen anderer Herkunft. Vermutlich kämen diese Menschen um die Zeit des glazialen Maximums vom Balkan nach Norditalien und breiteten sich bis nach Sizilien aus, sagte Mitautorin He Yu vom Max-Planck-Institut in Leipzig.
Vor etwa 14 000 Jahren hätten sich die Nachfahren dieser Gruppe wiederum über Europa verbreitet und andere Populationen verdrängt. Die Ursache könnte eine Erwärmung des Klimas und die Ausbreitung von Wäldern in ganz Europa sein, hieß es. Möglicherweise sei dies für die Menschen aus dem Süden Anlass gewesen, ihren Lebensraum auszuweiten, sagte Johannes Krause, Seniorautor der Studie und Direktor am Max-Planck-Institut. Die früheren Bewohner hingegen könnten mit dem Schwund ihres Lebensraumes, der Mammutsteppe, verdrängt worden sein.
Das Team umfasste 125 Forscherinnen und Forscher. Unter den 356 analysierten Genomen waren neue Datensätze von 116 Individuen aus 14 europäischen und zentralasiatischen Ländern.
Quelle: dpa