Dresden - Schiere Datenflut und der Tatort Internet erschweren die Arbeit der Kriminalisten in Deutschland. «Die Masse an Daten erschlägt die Ermittler, weil man sortieren muss, was ist tatrelevant und was überflüssig», sagte der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kriminalistik (DGfK), Thomas Gundlach, vor deren Jahrestagung Ende dieser Woche in Dresden der Deutschen Presse-Agentur. Das sei fast nicht mehr zu bewältigen. Die DGfK sieht daher Handlungsbedarf, auch bei Aus- und Weiterbildung.
«Cyberkriminalität ist eine Herausforderung auch für die Zukunft», sagte Gundlach, Professor für Kriminalistik an der Hochschule der Akademie der Polizei Hamburg. «Da wachen die Strafverfolgungsbehörden jetzt so langsam auf.» Die Privaten, vor allem Wirtschaftsunternehmen, spürten damit einhergehende Probleme - Wirtschaftsspionage, Einflussnahme von Trollen auf politischer oder öffentlicher Ebene - schon hautnah. «Wir brauchen IT-Forensiker und die sind leider auch rar.» Auch bei Fremdvergabe aufgrund von Überlastung dauere die Abarbeitung, das sei fatal für die Ermittlungen. Es brauche Lösungen, «um dieser Menge Herr zu werden».
Bei Wirtschaftsdelikten wie Transportdiebstählen geht laut Gundlach mit der Klärung von Zuständigkeiten oft wertvolle Zeit verloren, wenn Täter über Ländergrenzen hinweg verfolgt werden müssten. Und auch die internationale Zusammenarbeit im Bereich Justiz sei noch zu schwerfällig. «Da sollte man langfristig darüber nachdenken, ob Europol für bestimmte Deliktfelder auch Ermittlungsbefugnisse bekommt.»
Im Bereich Kriminaltechnik, wo wegen Überlastungen die Spurenauswertung, Untersuchungen und Gutachtenerstellung lange dauerten, regte er mehr Kooperationen mit Privaten an. So könnten in der IT-Forensik Aufträge an Unternehmen vergeben werden, die solche Dienste anböten. Das sei eine Kostenfrage und es brauche «eine saubere Kette» von der Sicherstellung der Beweise bis zur Präsentation vor Gericht, die Manipulation, Vertauschung oder Verwechslung ausschließe.
Trotz aller Technik hilft bei der Wahrheitsfindung hin und wieder der gute alte «Kommissar Zufall». Der sei «noch immer eine gewisse Größe in der Kriminalistik» und ein wichtiger Kollege, sagte Gundlach. Meistens aber machten Hartnäckigkeit, Geduld, Akribie, Geduld, Systematik und Beharrlichkeit am Ende den Erfolg aus. «Manchmal braucht das auch seine Zeit.»
Ein Manko aus Sicht der DGfK ist, dass Kriminalistik derzeit in Deutschland nur an Polizeihochschulen studiert werden kann. Es sei bisher nicht gelungen, sie «oder Kriminalwissenschaften als Studienfach an einer Universität zu etablieren». Dabei würden Kriminalisten gebraucht, auch mit mehr Spezialisierung und Fortbildung. «Denn das Verbrechen stirbt nicht aus.»
(dpa)