Chemnitz- Kleinkinder erkunden die Welt, indem sie alles in den Mund nehmen, was in ihre Nähe kommt. Ihr Entdeckerdrang macht selbst vor Medikamenten, Putzmitteln und Pflanzen nicht halt.
Draußen ist das Risiko einigermaßen überschaubar. Die meisten giftigen Pflanzen wie Bilsenkraut, Tollkirsche oder Goldregen schmecken nicht und werden von den Kindern umgehend wieder ausgespuckt. Daher machen Pflanzen nur einen kleinen Teil der bundesweit jährlich insgesamt etwa 80.000 bis 90.000 Vergiftungsfälle mit Kindern aus. Giftige Pflanzen sollten für Balkon und Garten dennoch tabu sein. Eine weitaus größere Gefahr lauert jedoch in der eigenen Wohnung.
„Erwachsenen ist häufig nicht bewusst, wie viele giftige Substanzen in jedem Haushalt vorhanden sind“, so Troy Briggs, Bereichsdirektor/HA Außendienst der Barmenia Versicherungen in Chemnitz. Der sorglose Umgang mit ihnen ist die Hauptursache dafür, dass Vergiftungen laut Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) zu den häufigsten Unfallarten bei Kindern zwischen sieben Monaten und vier Jahren zählen. Während das Risiko von Putz- und Reinigungsmitteln sowie Haushaltschemikalien offenkundig ist, vergessen viele Eltern auch ätherische Öle, Lampenöle oder Essigessenz kindersicher aufzubewahren. Das gilt erst recht für Medikamente oder Genussmittel wie Alkohol oder Nikotin: Schluckt ein Kind beispielsweise eine Zigarette hinunter, besteht Lebensgefahr!
Die richtige Lagerung giftiger Substanzen ist essentiell, um Kinder vor Vergiftungen zu schützen. Statt unter der Spüle sollten Putz- und Reinigungsmittel in für Kinder unerreichbarer Höhe aufbewahrt oder in Schränken eingeschlossen werden. Und wenn doch etwas passiert, ist besonnenes Handeln gefordert. Eine Vergiftung ist gerade bei Kleinkindern nicht immer leicht zu erkennen: Fühlt sich das Kind plötzlich unwohl, erbricht es oder ist es ungewöhnlich müde, kann eine Vergiftung dahinterstecken.
„Statt alte Hausmittel anzuwenden, sollte im Verdachtsfall immer der Notarzt unter 112 oder direkt eine der acht deutschen Kliniken mit Vergiftungszentrale angerufen werden“, rät Briggs. Sie sind Tag und Nacht telefonisch erreichbar. Eine Auflistung hat das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit im Internet veröffentlicht, gut zu finden unter dem Suchbegriff „Giftnotruf“. Eine andere Hilfe im Ernstfall ist die kostenlose App „Vergiftungsunfälle bei Kindern“ des BfR. Sie klärt über Gefahren auf und stellt im Notfall eine Verbindung zum Giftinformationszentrum des jeweiligen Bundeslandes her. Die Experten dort kennen praktisch jede Art von Vergiftung und die Gegenmaßnahmen. Wichtig sind möglichst genaue Angaben zu Alter und Gewicht des Kindes, Symptomen, Art und Menge des Gifts, Beschreibung der Pflanze und Zeitpunkt der Einnahme. Gemäß einer Veröffentlichung der Berliner Vergiftungszentrale können die Experten in über 80 Prozent aller Anrufe „Entwarnung” geben. Eine gute Nachricht für besorgte Eltern.