Deutschland/ Sachsen - Am Montag hat die routinemäßige Wartung der Pipeline Nord Stream 1 begonnen. Seit dem Morgen fließt kein Gas mehr durch die Unterwasserleitungen von Russland nach Deutschland. Die Märkte und die Industrie in Deutschland beschäftigt nun die Frage, ob Russland nach Abschluss der Wartungsarbeiten wieder Gas nach Westeuropa liefern werde.
Auch die Bürger sind verunsichert. Planmäßig soll die Wartung bis zum 21. Juli andauern. Dabei sollen Überprüfungen und gegebenenfalls Instandsetzungen stattfinden, beispielsweise von bestimmten Ventilen der Anlage, so die Nord Stream AG. Auch Software-Updates sollen vorgenommen werden oder der Brand- und Gasschutz überprüft werden.
Wenn Russland den Gashahn nicht wieder aufdrehen würde, könne das zu einem Gasmangel in Deutschland führen. Schon jetzt ist Gasknappheit ein Thema, das nicht nur die Wirtschaft beschäftigt. Laut Bundesnetzagentur war Nord Stream 1 zuletzt nur zu etwa 40 Prozent ausgelastet, was mit den Wartungsarbeiten an einer Siemens-Turbine erklärt wurde. Die Lage ist angespannt.
Laut Medienberichten fürchtet der Präsident der Bundesnetzagentur einen Totalausfall der Gaslieferungen aus Russland. Deshalb appelliert er an die Bürger, Energie zu sparen. Wie Klaus Müller den Zeitungen der Funke-Mediengruppe mitteilte, stehe die Frage im Raum, ob aus der routinemäßigen Wartung eine politische Wartung werde, die länger andauert. Dann müsse man ernsthaft über Einsparungen sprechen, hieß es.
Eine Gaslücke müsse in diesem Winter nicht zwangsläufig entstehen, wie Oliver Holtemöller vom Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung in Halle der Tagesschau mitteilte. Wenn Norwegen verstärkt Gas nach Deutschland liefert und die Bevölkerung Einsparungen vornimmt, könne man ohne Lücke durch den Winter kommen. Die Probleme würden sich allerdings auf das kommende Jahr verschieben. Denn man könne die Speicher im Sommer für den nächsten Winter nicht füllen, hieß es.
Auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck macht sich Sorgen. Im Deutschlandfunk sagte Habeck, dass die Regierung versucht, sich mit Maßnahmen auf das Schlimmste vorzubereiten, um ein "politisches Albtraum-Szenario" zu vermeiden, was die staatliche Zuweisung von Energie bedeuten würde. Beispielsweise gäbe es dann Warmwasser nur zu festgelegten Uhrzeiten.
Der Präsident der Bundesnetzagentur sagte gegenüber dem ZDF-Morgenmagazin, dass es mehrere Szenarien gebe, wenn Deutschland in eine Gas-Notlage kommen würde. Dann käme es darauf an, wie schnell man Gas einsparen könne oder wie schnell Terminals für Flüssiggas beschafft werden können. Bei einer Mangellage müsse die Bundesnetzagentur festlegen, wem das Gas abgeschaltet und wer weiter versorgt wird.
Laut Verbraucherschutzministerin Lemke, müsse sichergestellt werden, dass die Energieversorgung aufrechterhalten wird und dass niemandem das Gas oder der Strom abgestellt wird, weil eine Rechnung aussteht, sagte sie gegenüber der Bild am Sonntag.
Grundsätzlich hat die Bundesregierung am 8. Juli ein Gesetzespaket zum Ausbau der Erneuerbaren und zur Energiesicherheit in Deutschland verabschiedet. Dieses bietet ebenfalls eine Basis, um bei einer Notlage handeln zu können. Beispielsweise soll dann auf Kohlekraftwerke zur Verstromung zurückgegriffen werden.
Die Union hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck dazu aufgefordert, Deutschland besser auf einen Totalausfall der Pipeline und dementsprechend einen Mangel an Gas vorzubereiten. Jens Spahn sagte gegenüber der Mediengruppe Bayern, dass Bürger und Unternehmen einen Plan bräuchten. Ohne diesen wäre die Unsicherheit groß.