Dresden - Mit einem Vorstoß zur Asylpolitik hat der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer Kritik ausgelöst.
Am Dienstag sagte der SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese gegenüber "Welt", dass in der aktuellen Situation Besonnenheit statt Panik gefragt sei. Er betont, dass der Ministerpräsident massiv unter Druck zu stehen scheint, da Teile seiner CDU in Sachsen offen mit der AfD koalieren wollen. Kretschmer hatte zuvor in einem "Welt"-Interview mit Blick auf die stark gestiegene Zahl der Migranten vor einem Kollaps gewarnt.
Der FDP-Politiker Stephan Thomae sagte der Zeitung, dass von den rund 228 000 Asylentscheidungen im Jahr 2022 nur in 0,8 Prozent der Fälle Asyl nach Artikel 16a Grundgesetz gewährt worden war. Die weitaus meisten Anerkennungen erfolgten auf Grundlage der Genfer Flüchtlingskonvention. Damit hätte die von Kretschmer erwähnte Grundgesetzänderung laut Thomae praktisch keinen Effekt.
Clara Bünger von der Linke-Fraktion hielt dem sächsischen Ministerpräsidenten in der "Welt" vor, er werfe wahllos mit rechten Narrativen um sich. AfD-Fraktionschef Tino Chrupalla meinte demnach, dass das Grundrecht auf Asyl zur Disposition gestellt werden sollte, wenn es nicht mehr im Interesse der deutschen Bürger funktioniert.
Kretschmer hatte der Bundesregierung in dem Interview Versäumnisse in der Asylpolitik vorgeworfen. Seiner Meinung nach sei die Anzahl der Menschen einfach zu groß, um sie integrieren zu können. Zudem sind Schulen und Kindergärten überlastet und es gäbe keine Wohnungen. Auch das Angebot an Sprachunterricht sei nicht ausreichend. Deshalb müssen die Zahlen reduziert werden. Er brachte dafür auch eine Änderung des Grundgesetzes ins Spiel, ohne auf Einzelheiten einzugehen.
Der Ministerpräsident betonte, dass man beim Thema Asyl endlich eine Lösung brauche, die das Land befriede. Denn die Spannungen steigen und die Frustrationen nehmen zu. Das wird nicht gut ausgehen, wenn wir die Dinge so weiterlaufen lassen, so der Regierungschef. Er bekräftigte seine Forderung, für dieses Problem eine Kommission mit Vertretern aller politischen und gesellschaftlichen Gruppen einzusetzen. (mit dpa)