Dresden - Rekordteilnahme bei der „Stunde der Wintervögel“, mehr als 8.300 Sachsen zählten mit.
Immer weniger Wintervögel sind in Gärten und Parks zu sehen – das zeigt das Endergebnis der neunten „Stunde der Wintervögel“, die vom 4. bis 6. Januar stattfand. Mit der Teilnehmerzahl bei Deutschlands größter wissenschaftlichen Mitmach-Aktion geht es dagegen weiter nach oben: Fast 138.000 Teilnehmer deutschlandweit haben ihre Vogelsichtungen dem NABU gemeldet. Ebenso verzeichnet der NABU Sachsen einen neuen Teilnehmerrekord: Bis heute (30.01.) haben 8.339 Personen aus Sachsen in 5.324 Gärten insgesamt 212.572 Vögel gemeldet. „Wir sind begeistert, dass so viele Sächsinnen und Sachsen großes Interesse an der Natur haben und Anfang Januar Vögel beobachtet haben“, sagt Landesvorsitzender Bernd Heinitz. „Das lässt uns hoffen, dass immer mehr Menschen ihren Garten als kleines Naturschutzgebiet betrachten und ihn dementsprechend vogelfreundlich gestalten.“ Daneben ermöglichen die immer größeren Teilnehmerzahlen auch eine immer genauer werdende Kenntnis über die lokalen Vogelvorkommen.
Erneut ist der Haussperling der am häufigsten gesichtete Vogel. Er wurde in sächsischen Gärten im Schnitt knapp sieben Mal (6,87) gezählt. Reichlich sechs Mal (6,08) war die Kohlmeise zu Gast und belegt damit – dieses Jahr mit deutlicherem Abstand zum Sieger – den zweiten Platz. Auf den Plätzen 3 bis 5 liegen Feldsperling (4,55 Vögel/Garten), Blaumeise (3,93 Vögel/Garten) und Amsel (2,53 Vögel/Garten), was auch dem gesamtdeutschen Ranking entspricht. Auf den Plätzen 6 bis 10 folgen hierzulande Grünfink, Erlenzeisig, Elster, Stieglitz und Rabenkrähe.
Durch milden Winter weniger Vogel am Futterhäuschen
Trotz der regen Beteiligung ist das Ergebnis der Vogelzählung weniger erfreulich: Die Gesamtzahl der pro Garten gemeldeten Vögel liegt bundesweit mit nur 37,1 unter dem langjährigen Mittel und ist die zweitniedrigste Zahl nach dem Rekordminus von 34,4 im Jahr 2017. 2011 wurden noch fast 46 Vögel pro Garten gemeldet. „Der Grund für diesen deutlich negativen Trend liegt vor allem in den milden Wintern der vergangenen Jahre, die auf einige harte Winter in den Anfangsjahren der Zählaktion folgten. Damit kommen weniger Vögel in die Gärten, weil sie in schneefreien Wäldern noch genug zu fressen finden. Ob auch ein tatsächlicher Rückgang an Vögeln die Ursache sein könnte, muss in Zukunft aufmerksam verfolgt werden“, erklärt Lars Lachmann, NABU-Referent für Vogelschutz. Zudem sind offenbar weniger Vögel aus dem Norden und Osten Europas nach Deutschland gekommen, da der Winter in ganze Europa eher mild war.
Große Sorgen macht den NABU-Vogelschutzexperten die Amsel. Sie fuhr mit nur 2,67 Vögeln pro Garten – 2,53 pro sächsischem Garten – bei der Stunde der Wintervögel 2019 ihr bisher schlechtestes Ergebnis ein. „Der sehr trockene Juli 2018 war schlecht für das Überleben der Jungvögel, da die Amseln kaum Regenwürmer finden konnten“, erläutert Lachmann. „Doch der Hauptgrund dürfte die im Sommer 2018 grassierende Usutu-Epidemie sein.“ Ein weiteres Sorgenkind ist der Grünfink, dessen Bestände seit der ersten Zählung vor acht Jahren kontinuierlich abnehmen. Da die Art sehr standorttreu ist, spielt Zu- und Wegzug bei diesen Finken keine Rolle. Mit 1,7 Vögeln pro Garten in Sachsen verzeichnet der Grünling einen neuen Negativrekord – von 2011 bis 2013 wurden jeweils noch rund vier Exemplare pro Garten gezählt. Die Experten des NABU vermuten neben Veränderungen in der Landwirtschaft, die immer weniger Erntereste und Wildblumensamen für den Grünfink bereithält, eine Infektion mit einem einzelligen Parasiten, der an sommerlichen Vogelfutterstellen verbreitet wird und besonders Grünfinken befällt, als Hauptursache des anhaltenden Rückgangs.
Gutes Jahr für den Erlenzeisig
Dagegen hatte beispielsweise der Erlenzeisig ein sehr gutes Jahr: Statt 0,75 Exemplaren pro Garten im Vorjahr wurde er in Sachsen 1,4 Mal pro Garten gesichtet, was einer Steigerung von 87 Prozent entspricht. Dieser Zeisig ist in unseren Wintergärten eine typische Invasionsart, deren Zahlen jährlich stark schwanken. Es sei zu vermuten, dass der Erlenzeisig in seinen Brutgebieten in den Nadelwäldern der Mittelgebirge, Skandinaviens und Osteuropas im Trockenjahr 2018 einen sehr guten Bruterfolg gehabt habe, was zu der verstärkten Zuwanderung zu uns im Winter führe, so Lars Lachmann.