— © Fotolia, © weyo
Fotolia, © weyo
Silvia Metzig

APERITIF UND DIGESTIF – DIE RICHTIGEN BEGLEITER ZUM MENÜ

Verschiedene Getränke spielen beim Essen eine ganz besondere Rolle. Zum Anregen des Magens auf das folgende Menü oder als gelungener Abschluss, um die Verdauung in Schwung zu bringen, werden traditionell spezielle Drinks serviert. Eine Reise in die Welt der Appetitanreger und Verdauungsschnäpse.

 — © Fotolia, © weyo
Fotolia, © weyo

Ein passendes Getränk in geselliger Runde ist eine gute Einstimmung vor einem Essen und lässt ein Festmahl angemessen ausklingen.

Aperitif und Digestif bilden den passenden Rahmen zu einer Mahlzeit. In vielen Gegenden wird den begleitenden Getränken eine besondere Aufmerksamkeit geschenkt und sie gehören zur täglichen Ess- und Trinkkultur dazu. Sie sollen die Verdauung vor und nach einer Mahlzeit anregen und die Speisen somit bekömmlicher machen. Als passende Drinks werden je nach Geschmack oder Anlass die verschiedensten Zutaten verwendet.   

Gerade der Aperitif ist in Deutschland nicht so stark verbreitet wie in anderen Ländern wie Frankreich, Italien oder Spanien. Dennoch erfreut sich das gesellige Getränk vor dem Essen zunehmender Beliebtheit und gehört für viele inzwischen zu einem gelungenen Menü dazu.

WELCHES GETRÄNK WIRD WANN GEREICHT

Aperitif

Dieser Drink wird vor einer Mahlzeit genossen. Meist handelt es sich um ein alkoholhaltiges Getränk, welches den Magen auf die bevorstehenden Speisen vorbereiten soll. Oftmals dient er auch dazu die Gäste in einer festlichen Runde im Rahmen des gemeinschaftlichen Trinkens miteinander näher bekannt zu machen oder die Wartezeit bis zum Beginn des Essens zu verkürzen.

Ohnehin spielt die soziale Komponente beim Trinken mit den damit verbundenen Gesten wie dem Anstoßen untereinander eine wichtige Rolle. Der Aperitif trägt so auch zu einer entspannten und angenehmen Atmosphäre bei.

Digestif

Das entsprechende Pendant nach einer Mahlzeit ist der Digestif. Wenn die Mägen gut gefüllt sind, soll er ebenfalls für eine leichtere Verdauung sorgen. Meist dient hierfür der sogenannte Verdauungsschnaps oder Magenbitter. Auch verschiedene Mixgetränke können gereicht werden.  

In manchen Restaurants wird zusammen mit der Rechnung ein kleines Verdauungsgetränk serviert. Ein kräftiger Schnaps oder ein süßer Likör gehören für viele Gastronomen als nette Geste des Hauses mit dazu. Auch Tee oder Kaffee kommen als Digestif nach einer Mahlzeit in Frage. Im geselligen Beisammensein kann die Runde dann mit einer Zigarette oder Zigarre ausklingen.

 — © Fotolia, © Studio Gi
Fotolia, © Studio Gi

Ein Digestif zusammen mit etwas Käse ist ein gelungener Abschluss nach einer Mahlzeit.

Herkunft der Begriffe

Das Wort Aperitif kommt von der lateinischen Bezeichnung aperire für öffnen. Der Begriff hat sich aus dem französischen Sprachraum im 19. Jahrhundert entwickelt und später auch in Deutschland durchgesetzt. In der Schweiz ist auch die verkürzte Form Apéro gebräuchlich.

Für den Digestif stand das lateinische Wort digestio Pate. Es bedeutet Verdauung und wurde ebenfalls über Frankreich hierzulande in der heutigen Form übernommen. In verschiedenen Kulturkreisen und Sprachräumen haben sich noch andere Begriffe etabliert:

  • Norddeutscher Raum: Absacker oder Zerhacker
  • Süddeutscher Raum: Verrisserle
  • Schweiz: Verdauerli

Passend zum Menü

Das gewählte Getränk sollte in jedem Fall auf das Menü abgestimmt sein. Ein guter Aperitif stimmt auf die Speisen, welche folgen werden, ein. Zu einer kräftigen Mahlzeit passt beispielsweise ein aromatischer Kräuterschnaps oder ein geschmacksintensives Mixgetränk. Werden dagegen feinere Delikatessen aufgetischt, sollte es eher etwas Leichteres oder Spritziges sein.

MEDIZIN ODER MYTHOS? – WIRKUNG DER VERSCHIEDENEN GETRÄNKE

Anregend für Magen und Geschmacksnerven

Welches Getränk als typischer Magenöffner gereicht wird, hängt stark von den regionalen Geschmäckern ab. Häufig kommen herbe Spirituosen oder Zutaten zum Einsatz, da die speziellen Inhaltsstoffe den Appetit anregen sollen. Auch spritzige Drinks mit Soda, oder Sekt und verschiedene Schaumweine dienen oftmals der Einstimmung auf ein Menü. Die sprudelnde und prickelnde Wirkung kann die Geschmacksknospen der Zunge angenehm reizen und so für weitere Genüsse stimulieren. Dafür sind auch nichtalkoholische Getränke geeignet.

Einige zur Einstimmung verbreitete Getränke bedienen sich des wohltuenden Effekts verschiedener Kräuter.  In vielen Regionen sind unterschiedliche Anis- oder Kümmelschnäpse üblich. Beide Zutaten sind für ihre positive Wirkung auf den Magen-Darm-Trakt bekannt. Vor allem bei stärkeren Aperitifs mit intensivem Eigengeschmack sollte nach dem Konsum jedoch noch eine gewisse Zeit bis zum Essen verstreichen. So kann sich die stimulierende Wirkung vollends entfalten.

Wenn das Getränk zudem in Ruhe und ohne Eile konsumiert wird, soll der positive Effekt noch verstärkt werden. Wird neben dem Körper auch der Geist auf die Nahrungsaufnahme vorbereitet, soll der Organismus das Essen besser aufnehmen und verarbeiten können. Ein bewusster und genussvoller Umgang bei den Mahlzeiten kann durch das Ritual eines Aperitifs stimmungsvoll eingeleitet werden.

Zutaten wie Sahne oder Ei haben dagegen in einem Aperitif nichts zu suchen. Sie bringen selbst bereits einige Kalorien mit und besitzen eine eher sättigende Wirkung, was vor einer Mahlzeit in der Regel nicht gewünscht ist.  

 — © Fotolia, © schiros
Fotolia, © schiros

Nach dem Essen wird es bitter

Grundsätzlich ist es nicht der Alkohol, der für eine bessere Verdauung der Speisen sorgt. Fälschlicherweise wird dies oft behauptet. Aus medizinischer Sicht sorgt der Alkohol lediglich dafür, dass sich die Magenmuskulatur kurzzeitig entspannt. Dies könnte eine Erklärung dafür sein, dass hochprozentigen Getränken eine Linderung des Völlegefühls nachgesagt wird. Auch ein gewisser Placebo‑Effekt trägt vermutlich dazu bei, dass einige gerne auf einen Verdauungsschnaps nach einem reichhaltigen Mahl zurückgreifen.

Eine Studie hat ergeben, dass Alkohol die Verdauung eher bremst statt sie zu fördern. Der hohe Kaloriengehalt sollte ebenfalls nicht vernachlässigt werden. Dagegen sorgen verschiedene Bitterstoffe in den Getränken dafür, dass die Produktion von Magensäure angeregt wird. Auf der Zunge werden außerdem die Geschmacksknospen gereizt und der Speichelfluss angeregt. Der sogenannte Magenbitter kann sich deshalb tatsächlich positiv auf die Verdauung auswirken.

Ein Magen- oder Kräuterbitter muss nach der entsprechenden EU-Verordnung mindestens 15% Alkoholgehalt aufweisen. Charakteristisch ist der überwiegend bittere Geschmack, der von den Kräuteressenzen herrührt.

Wegen des hohen Zuckergehalts zählen die verschiedenen Getränke oft auch zu den Likören und werden dann auch Halbbitter genannt.

Video: Youtube, © teamdocmo

Bevor der Zucker in großen Mengen Einzug in unseren Speisenplan gehalten hat, waren bittere Lebensmittel weitaus verbreiteter. Die herben Stoffe wirkten ganz natürlich als Appetitzügler und Bremse vor zu üppigem Essen. Heute sind viele natürliche Zutaten nahezu frei von bitterem Geschmack. Viele Gemüse- und Obstsorten wurden durch Züchtung immer süßer. Deshalb fällt es vielen in der heutigen Zeit schwerer, maßvoll zu essen. In der Form verschiedenen Getränke wird die herbe Note dennoch als angenehm empfunden und kann seine positive Wirkung entfalten.

MESSEN UND MIXEN – DIE RICHTIGE MENGE MACHT‘S

Um den Magen vor dem Essen nicht zu überfordern, ist ein maßvoller Genuss von alkoholischen Getränken wichtig. Aber auch zu viel Wasser oder andere nichtalkoholische Drinks können die Magensäure verdünnen und somit wiederum die Verdauung hemmen.

Welche Menge wird empfohlen?

Je nach Alkoholgehalt des Getränks schwankt auch die Größe des üblichen Aperitifs. In der Regel wird vor einer Mahlzeit jedoch nur ein Drink zu sich genommen. Dies kann ein Schnapsglas mit etwas Hochprozentigem sein, oder auch ein Longdrinkglas mit einem Mixgetränk. Auch hier ist die Menge an Alkohol jedoch meist auf das übliche Barmaß von 20 bis 40 Milliliter begrenzt. Auch bei Bier als Aperitif ist ein kleineres Glas mit einer Menge von etwa 0,2 oder 0,3 Litern üblich.

Da das Barmaß, welches zum Abmessen der Getränke verwendet wird je nach Land oder Region verschiedene Maßeinheiten abdeckt, gibt es leichte Schwankungen bei der Menge. Die Jigger genannten doppelseitigen Messbecher unterscheiden sich deshalb auch oft in der Größe.

 — © Fotolia, © ExQuisine
Fotolia, © ExQuisine

Besondere Maßeinheiten

In manchen Regionen haben sich für spezielle Getränke eigenständige Bezeichnungen bei den Mengenangaben entwickelt. Vor allem beim Bier sind unterschiedliche Begriffe entstanden. Aber auch beim Mischen der Getränke haben sich verschiedene Maßeinheiten etabliert:

  • Schnitt: Ein Schnitt Bier wird oft als letztes Getränk des Abends getrunken und bezeichnet die Hälfte der sonst üblichen Menge. Als letzter Absacker wird mit einem Schnitt statt einem halben Liter nur noch ein viertel Bier bestellt. Meist halbiert sich dabei auch der Preis obwohl die Wirte dazu dennoch großzügig 0,3 oder 0,4 Liter ausschenken. Die Bezeichnung ist vor allem im fränkischen und thüringischen Raum verbreitet.
  • Pfiff: Dieses altösterreichische genormte Maß bezeichnet beim Bier eine Menge von 0,2 Litern. Diese Größe bietet sich für einen gelungenen Aperitif besonders an.
  • Spritzer: In vielen Rezepten für Mixgetränke ist oft von einem Spritzer die Rede. Manchmal auch als Schuss oder Dash bezeichnet, handelt es sich dabei um eine Menge von 0,1 Zentiliter.
  • Gill: In England ist diese Bezeichnung als Whiskeymaß üblich. Ein Gill entspricht dabei einer Menge von 3,6 Zentilitern.
  • Ounce: Eine ebenfalls aus dem englischen Raum stammende Maßeinheit, die ursprünglich auf die Unze (lateinisch Zwölftel) zurückzuführen ist. Abgekürzt wird mit oz und in manchen Fällen tauch dafür auch das Wort Pony Die entsprechende Menge beläuft sich auf 2,8 Zentiliter.

Beim Aperitif und Digestif steht jedoch nicht der Alkohol im Vordergrund. Da meist die anderen Inhaltsstoffe für einen guten Ein- oder Ausklang sorgen, sollten die Getränke in Maßen genossen werden.

EIN GUTER START – APERITIFS IM ÜBERBLICK

Alkoholika

Wein fördert mit seinen Inhaltsstoffen die Produktion von Speichel an und ist als genussvolles Lebensmittel zum Aperitif gut geeignet. Auch in einer Bowle kann er als Zutat eingesetzt werden. Vor allem trockene und säurehaltige Weine sind empfehlenswert.

Auch aromatisierte Weine wie der italienische Vermouth oder die Quinquinas aus Frankreich. Bei Ersterem handelt es sich um Wein, der mit Wermutkraut aromatisiert wurde. Auch hier sorgen die bitteren Stoffe für eine appetitanregende Wirkung. Die Quinquinas sind dagegen mit dem Extrakt des Chinarindenbaumes versetzt. Das bittere Chinin ist sonst eher vom Tonic Water bekannt. 

Durch ihre Spritzigkeit ist außerdem Sekt oder Champagner als Einstiegsgetränk beliebt. Der leichte Alkoholgehalt wirkt in Verbindung mit der Kohlensäure anregend auf den Kreislauf und stimuliert die Geschmacksknospen.

expand_less