Jan Kaufhold

Matthias Berger im Interview: „Sachsen hat kein Finanzproblem – sondern ein Visionsproblem“

Dresden – Während die Haushaltsdebatte im Sächsischen Landtag auf Hochtouren läuft, bringt der fraktionslose Abgeordnete Matthias Berger eine scharfe Systemkritik in die Diskussion ein. Im Interview erhebt er deutliche Vorwürfe gegen die Staatsregierung, aber auch gegen die politische Kultur im Landtag insgesamt.

„Das ist kein Unglück, das ist hausgemacht“

Für Berger ist die aktuelle Haushaltskrise kein Schicksalsschlag, sondern eine vorhersehbare Folge jahrzehntelanger Politik, die Probleme nur „mit Geld zugeschüttet“ habe. Statt echter Strukturreformen werde jetzt hektisch gekürzt – ohne Plan, ohne Vision, so Berger.

„Sachsen hat kein Haushaltsproblem – Sachsen hat ein Visionsproblem.“

Er verweist auf politische Fehlentscheidungen wie das Kita-Moratorium, das nicht eingehalten werde, und warnt davor, mit kurzfristigem Hoffen auf steigende Einnahmen bis 2027 weiter am Status quo festzuhalten.

Kritik an CDU und Linke: „Die neue GroKo light?“

Besonders brisant: Berger erkennt eine stille politische Annäherung zwischen CDU und Linken. Die Zustimmung der CDU zu einem linken Antrag zum 8. Mai als Gedenktag sei ein „Tabubruch“ und zeige, wie weit die CDU bereit sei, um Mehrheiten zu sichern. Auch die Vertagung des BSW-Antrags zur Rentensteuerfreiheit bis 2.000 Euro sieht Berger als taktisches Manöver – um der Linken eine unbequeme Abstimmung zu ersparen.

„Die Linke hat der CDU geholfen – das sagt alles.“


Schuldenbremse? Für Berger eine Frage der Glaubwürdigkeit

Während Grüne, Linke und BSW neue Schulden fordern, lehnt Berger dies strikt ab. Die Aufweichung der Schuldenbremse auf Landesebene hält er für einen politischen Skandal – und für eine Entwertung der sächsischen Verfassung.

„Erst Strukturen reformieren, dann investieren – nicht umgekehrt.“


Rolle im Landtag: Zwischen Beobachter und Impulsgeber

Matthias Berger sieht sich selbst nicht als klassischen Politiker. Vielmehr möchte er mit seiner Unabhängigkeit den Finger in die Wunde legen, den politischen Betrieb kritisch begleiten und Transparenz schaffen. Die Rituale im Parlament empfindet er als „Theater mit immer gleichem Spielplan“.

„Was hier fehlt, ist echte Auseinandersetzung. Was es braucht, ist Vertrauen und Ehrlichkeit gegenüber den Menschen.“

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