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      Die Schau bricht auch mit einer eisernen Regel, die nicht nur im Museum gilt: Anschauen erlaubt – Anfassen verboten.

      Ausstellung "Schneeberger Geflecht" - Wie Design den Dialog fördern kann

      Chemnitz- Wie entsteht eigentlich das, was wir täglich wie selbstverständlich benutzen – von der Kaffeetasse bis zum Küchentisch? Und warum ist gutes Design mehr als nur schöne Form? In einer Zeit, in der gesellschaftlicher Zusammenhalt neu verhandelt wird, widmet sich eine besondere Ausstellung in Chemnitz nicht nur den Dingen, sondern zielt auch auf den Besucher selber ab.

      Eine Welt ohne Produktdesign ist möglich – aber sinnlos. Wer Loriot missbraucht sieht und dem Ansatz nicht folgen kann, der lebt im luftleeren Raum – oder hat für die Dinge, die ihn umgeben, nichts übrig. Denn all das, was wir täglich benutzen – ob Stuhl, Küche oder Eierbecher – durchläuft bis zur Marktreife einen kreativen Prozess. Dieser bleibt dem Konsumenten jedoch in der Regel verborgen. Im Kulturhauptstadtjahr 2025, in dem das Machen und die "Maker" eine prägende Rolle in Chemnitz spielen, wollen die Kunstsammlungen Chemnitz eben jenen Prozess sichtbar machen. In Kooperation mit der Schneeberger Fachhochschule für Angewandte Kunst zeigt eine sogenannte Werkschau-Ausstellung unter dem Titel „Schneeberger Geflecht“ am Theaterplatz den Entstehungsprozess von alltäglichen oder nicht alltäglichen Dingen – von der Pike auf. Und wer genau hinschaut, entdeckt auch an dem einen oder anderen Objekt den Spagat, den Produktdesigner in ihren Werkstätten vollbringen müssen. Denn die eigentliche Aufgabe der kreativen Köpfe hinter unseren Alltagsgegenständen ist die Balance zwischen Form und Funktion. Was gut aussieht, muss nicht gut funktionieren – und umgekehrt gilt dasselbe. Ein Fakt, an dem sich vor allem Erstsemester bisweilen die Zähne ausbeißen. Fest steht allerdings: Ohne das Austesten des Möglichen ist Entwicklung schwierig. Und so ist der Grenzgang bei der Ideenfindung – zumindest im Studium – durchaus gewollt.

      Der gestalterische Prozess lebt auch vom Austausch untereinander. Die Plattform dafür bildet in Schneeberg das, was bei Partys von Studierenden in WGs ebenfalls Dreh- und Angelpunkt ist: die Küche. Und so verwundert es kaum, dass die Ausstellungsmacher diesen Ort kurzerhand in Chemnitz nachgebaut haben. Teile des Hochschulinventars mussten dafür zumindest temporär umziehen. Die entstandene Sitzgruppe ist dabei kein statisches Objekt zum Anschauen, sondern – ganz wie am ursprünglichen Ort – als Plattform für den Austausch zwischen Studierenden und Besuchern konzipiert.

      Die Ausstellung bricht auch mit einer eisernen Regel, die nicht nur im Museum gilt: Anschauen erlaubt – Anfassen verboten. Ein Prinzip, das im Zusammenhang mit dem Machen und den Machern durchaus an seine Grenzen stößt. Wie eingangs beschrieben, ist der Grenzgang in Schneeberg Studienprinzip. Und so verwundert es kaum, dass diese eiserne Vorschrift – zumindest in dem dafür vorgesehenen Ausstellungsraum – außer Kraft gesetzt wurde.
      Ob daraus spannende neue Designstudien entstehen, bleibt abzuwarten. Doch es geht in der Ausstellung auch nicht darum, mithilfe der Besucher den nächsten großen Wurf zu finden. Im Zentrum der Planung steht das, was die Gesellschaft in der heutigen Zeit nötiger hat denn je: der Austausch untereinander.
      Damit kann die Ausstellung „Schneeberger Geflecht“, wenn es gut läuft, einen Lücke füllen, die Kritiker im Kulturhauptstadtprogramm immer wieder verorten: der Kampf gegen die Spannungen in der Gesellschaft – und gegen deren Spaltung. Es ist nicht davon auszugehen, dass all die großen Probleme unserer Zeit am Küchentisch in den Chemnitzer Kunstsammlungen gelöst werden. Doch ein kleiner Schritt ist besser als Stillstand. Und da schließt sich auch der Kreis zur Angewandten Kunst: Denn ohne Bewegung – egal in welche Richtung – kann selten Großartiges entstehen.
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